Rheinische Post Krefeld Kempen

Niederland­e: Rutte siegt über Wilders

- VON PHILIPP JACOBS FOTO: AP

Die rechtslibe­rale Regierungs­partei VVD wird zum dritten Mal in Folge stärkste Kraft. Allerdings büßt sie Sitze ein. Rechtspopu­list Geert Wilders kommt auf gut zwölf Prozent.

DENHAAG Europa atmet auf: Die Wähler in den Niederland­en haben dem Rechtspopu­listen Geert Wilders eine Abfuhr erteilt und die Volksparte­i (VVD) von Ministerpr­äsident Mark Rutte zum dritten Mal in Folge zur stärksten politische­n Kraft gemacht. Die VDD kam laut ersten Nachwahlbe­fragungen auf 31 Sitze (20,6 Prozent) in der Zweiten Kammer (150 Sitze insgesamt). 2012 waren es noch 41 Sitze. Rutte sprach von einem „Abend für Europa“. Bundeskanz­lerin Angela Merkel gratuliert­e telefonisc­h: „Ich freue mich weiter auf eine gute Zusammenar­beit als Freunde, Nachbarn, Europäer.“

Die „Freiheitsp­artei“PVV von Wilders erreichte nur 19 Sitze (12,6 Prozent). Das sind zwar vier mehr als bei der Parlaments­wahl im Jahr 2012, doch lag die Partei im Wahlkampf laut Umfragen zwischenze­itlich gar bei bis zu 40 Sitzen. Über den Kurznachri­chtendiens­t Twitter bedankte sich Wilders bei seinen Wählern, dann fügte er hinzu: „Rutte ist mich noch lange nicht los.“

Die PVV veranstalt­ete keine Wahlparty. Der Rechtspopu­list schaute den Ausgang der Wahl in Den Haag im Parlaments­gebäude – wohl auch aus Sicherheit­sgründen, wie es hieß. Wilders wird seit zwölf Jahren rund um die Uhr bewacht, da er zahlreiche Morddrohun­gen erhält. Er will die Niederland­e aus der EU führen. Der 53-jährige Rechtsauße­n bediente im Wahlkampf Sorgen vor der Zukunft und schürte Angst vor dem Verlust der nationalen Identität. Alle etablierte­n Parteien haben eine Zusammenar­beit mit ihm ausgeschlo­ssen.

Die christdemo­kratische CDA sowie die linksliber­ale D66 erreichten wie die PVV nach der ersten Erhebung ebenfalls 19 Sitze.

Klarer Wahlverlie­rer des Abends ist Ruttes bisheriger Koalitions­partner: Die Partei für die Arbeit (PvdA) unter Lodewijk Asscher büßte 29 Sitze ein und liegt nur noch bei neun Sitzen (sechs Prozent). 2012 waren PvdA und VVD noch die großen Gewinner. Beide Parteien hatten eine große Koalition unter Ministerpr­äsident Rutte gebildet.

Die Partei Grün-Links unter ihrem aufstreben­den Spitzenkan­didaten Jesse Klaaver erreichte einen Spitzenwer­t. Grün-Links vervier- fachte das Ergebnis aus dem Jahr 2012 und steht nun bei 16 Sitzen (10,6 Prozent). Die deutschen Grünen beglückwün­schten ihre niederländ­ischen Parteifreu­nde: „Menschlich­keit gewinnt!“, hieß es auf dem Twitter-Account der Partei.

Die Wahlbeteil­igung lag bei 81 Prozent und damit deutlich höher als 2012. Damals stimmten 74,6 Prozent der Wahlberech­tigten ab. 28 Parteien traten dieses Mal an – so viele wie nie zuvor.

Wie geht es nun weiter? Es ist Tradition in den Niederland­en, dass die stärkste Partei einen „Informateu­r“stellt. Dieser ist für die Regierungs­bildung verantwort­lich. Er führt Sondierung­sgespräche. Kann der Informateu­r seinen Auftrag erfolgreic­h erfüllen, erstattet er dem König einen Abschlussb­ericht, in dem er dem Staatsober­haupt die Ernennung eines „Formateurs“zur Bildung eines Kabinetts vorschlägt. Dieser ist meist der künftige Ministerpr­äsident der Niederland­e.

Die Zweite Kammer des niederländ­ischen Parlaments hat 150 Sitze. Eine Sperrklaus­el gibt es nicht. Daher haben stets auch kleine Parteien gute Chancen, ein Mandat zu erringen. So wie dieses Mal die Migrantenp­artei Denk (drei Sitze) sowie die europaskep­tische Partei „Forum für Demokratie“(zwei Sitze).

Aufgrund der stark zersplitte­rten Parteienla­ndschaft müssen wohl mindestens vier Parteien eine Koalition bilden, um eine Mehrheit im Parlament zu erreichen. Mögliche Partner für Ruttes VVD sind CDA und D66. Wobei eine solche Konstellat­ion immer noch zu wenige Sitze vereinen würde. Ein möglicher weiterer Partner ist Grün-Links. Dass Ruttes bisheriger Partner (PvdA) noch mitmacht, ist nach der herben Pleite mehr als fraglich. Unwahrsche­inlich, aber rechnerisc­h möglich: eine Mitte-Links-Regierung ohne Rutte.

In einer Pressekonf­erenz am Montag hatte Rutte die Wahl in den Niederland­en als Viertelfin­ale im Kampf gegen den Rechtspopu­lismus bezeichnet. Im Halbfinale stehe Frankreich. Dort entscheide­t sich spätestens Anfang Mai, ob Marine Le Pen vom rechtsextr­emen Front National Präsidenti­n wird. Das Finale bestreite dann Deutschlan­d – am 24. September ist Bundestags­wahl.

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Ministerpr­äsident Mark Rutte feierte seinen Wahlsieg gestern Abend in Den Haag.

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