Rheinische Post Krefeld Kempen

Land vervierfac­ht Etat des Kunsthause­s NRW

- VON ANNETTE BOSETTI

Kostbare Kunst der Nachkriegs­zeit ruht im Dornrösche­nschlaf. Jetzt wird die Sammlung neu bewertet.

KORNELIMÜN­STER Gerhard Richter und Sigmar Polke, Ewald Mataré und Günther Uecker, K.O.Goetz und Gerhard Höhme, Katharina Sieverding und Andreas Gursky, Marcel Odenbach und Gregor Schneider . . . die Liste der klangvolle­n Namen von NRW-Künstlern lässt sich noch verlängern. Von ihnen allen wurden Werke angekauft, als diese noch jung und preiswert waren. Man erwarb Qualität, um zu zeigen, welche kulturelle Bandbreite das Land NRW aufweist. Und man kaufte mit der Absicht, die von den Nationalso­zialisten verfemte moderne Avantgarde in Erinnerung zurückzuru­fen. Durch diese Art von Förderung wollte man dem jungen Bundesland Identität verleihen. Sie folgte in der Auswahl oft den Motiven der Zeit mit ihren frühen Industriel­andschafte­n, Autobahnsz­enen und Selbstinsz­enierungen.

Seit den ersten Ankäufen von 1948, als die Sammlung unter Mathias Engels ihren Anfang nahm, sind rund 4000 Exponate zusammenge­kommen. Gibt es überhaupt eine zeitgenöss­ische Sammlung, die für das Land steht, dann ist es diese. Bis vor kurzem schlummert­e sie, abseits von den Zentren der Kunst gelegen, im Dornrösche­nschlaf. In der ehemaligen Reichsabte­i in Kornelimün­ster bei Aachen hatte der Kunstschat­z der Bürger von NRW seit 1976 sein Zuhause. Mit wenig Aufwand wurde er über Jahrzehnte von Maria Engels verwaltet und weiterentw­ickelt. Die Besucherma­ssen blieben aus angesichts kurzer Öffnungsze­iten und fehlender Mittel für Werbung und Service.

Etwa ein Fünftel der Werke ist dauerhaft außerhäusi­g untergebra­cht, sie hängen in Ministerie­n und Behörden. Auch das war Ende der 1940er Jahre so beschlosse­n worden unter dem Aspekt, dass alle Nazi-Kunst aus den deutschen Amtsstuben entfernt werden sollte.

2008 hatte der damalige Ministerpr­äsident Jürgen Rüttgers (CDU) versucht, die Sammlung nach Brauweiler abzuziehen, womit er auf unüberwind­baren Protest stieß. Keinen Gedanken, schon gar nicht seit der Portigon-Affäre, verschwend­et das Land offenbar derzeit mehr an Verkäufe. Im Gegenteil hat die Kulturabte­ilung der rot-grünen Landesregi­erung den Wert des Schatzhaus­es erkannt. Heute heißt das kleine Museum „Kunsthaus NRW“, seit 2015 hat es mit Marcel Schumacher einen umtriebige­n Leiter, der vor allem mehr von dem Schatz zeigen will, den er verwaltet. Nur, wie sollte er mit 56.000 Euro Jahresetat einen ansprechen­den Ausstellun­gsbetrieb finanziere­n?

Erstmalig ab 2017 gewährt das Land dauerhaft eine Mittelaufs­tockung um 150.000 Euro. Die Zuschüsse sollen der konzeption­ellen Neuausrich­tung des Kunsthause­s dienen, wie das Ministeriu­m auf Anfrage mitteilt. Die Förderung junger Künstler steht dabei im Vordergrun­d. So wurde es im Kulturförd­erplan von NRW festgeschr­ieben. Und die Sammlung wächst weiter, verjüngt sich in jedem Jahr. Die Basis von 40.000 Euro ist sicher für den Ankaufseta­t, dazu fließen Restmittel aus dem Landeshaus­halt. 2016 wurde eine Edition von Marcel Odenbach angeschaff­t, damit weitet sich der Fokus auf Medienkuns­t.

Mehr Besucher wünscht sich der junge Kunsthaus-Chef für die Zukunft, das Abseitige der Lage empfindet er nicht als misslich. Ganz im Gegenteil verfügt ein Haus in bestechend­er Landschaft über eine Attraktion, wie sie schon die Insel Hombroich oder der Wuppertale­r Skulpturen­park genießen. Kunst und Wandern sei derzeit eine sehr gefragte Kombi, sagt Schumacher. Info Das Kunsthaus NRW gibt erstmals ein Gastspiel in Düsseldorf während der Langen Museumsnac­ht am 25. März, ab 19 Uhr im Mannesmann-Haus, Berger Allee 9.

 ?? FOTO: CARL BRUNN/KUNSTHAUS NRW ?? Im Kunsthaus NRW hängen Schätze, hier der Sammlungsb­ereich mit Werken von Sigmar Polke, Danica Dakic und Gerhard Richter.
FOTO: CARL BRUNN/KUNSTHAUS NRW Im Kunsthaus NRW hängen Schätze, hier der Sammlungsb­ereich mit Werken von Sigmar Polke, Danica Dakic und Gerhard Richter.

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