Rheinische Post Krefeld Kempen
Kerber trotz Formtief wieder Nummer eins
DÜSSELDORF Angelique Kerber wird ab kommendem Montag wieder als Nummer eins der Welt geführt. Doch auf dem Platz ist die Kielerin derzeit weit davon entfernt, die beste Tennisspielerin der Welt zu sein. Beim Turnier in Indian Wells, in der Szene auch das „fünfte GrandSlam-Turnier“genannt, war für Kerber im Achtelfinale Schluss. Gegen die Russin Jelena Wesnina strich Kerber die Segel. Mit 3:6, 3:6 musste sich die 29-Jährige der Weltranglisten-15. geschlagen geben.
Es ist nicht das erste Mal in dieser Saison, dass Kerber nicht zu ihrem Spiel findet. Von der Form aus dem Vorjahr, in dem sie die Australian Open und die US Open gewann, zudem Olympia-Silber holte und im Wimbledon-Finale stand, ist Kerber derzeit weit weg. Während sie im WTA-Ranking, das die Punkte der vergangenen zwölf Monate berücksichtigt, am Montag wieder den Platz an der Sonne innehaben wird, sieht das im „Race to Singapur“ganz anders aus. Dort werden nur die Punkte ab dem Beginn der Saison gezählt. Dort liegt Kerber aktuell auf Platz zehn.
Doch woran liegt es, dass Kerber die Form aus 2016 nicht bestätigen kann? Die Gründe dürften vielschichtig sein. Das Jahr hat Kraft gekostet. Nicht nur durch die gestiegene Aufmerksamkeit neben dem Platz mit vielen Presseterminen. Kerber hat im vergangenen Jahr 81 Matches auf der WTA-Tour bestritten. So viel wie keine andere TopSpielerin. 2017 plagt sich Kerber zu- dem immer mal wieder mit kleinen Zipperlein herum. Um ihr bestes Tennis zu spielen, muss sie aber topfit sein. Sie lebt von ihrer Physis, der starken Beinarbeit. Mit einem halb vollen Tank wird Kerber ihrer Stärken beraubt. Auch spielerisch ist Kerber nicht dieselbe wie 2016. In vielen Matches agiert sie zu passiv.
Doch jetzt den großen Abgesang auf die Kielerin zu starten, wäre töricht. Zumal man die Leistungen der 29-Jährigen einordnen muss. 2016 war für Kerber ein besonderes Jahr, das sich nicht mal eben so wiederholen lässt. Davor war sie jahrelang eine verlässliche Top-Ten-Spielerin. Ihre Spielweise ist nicht dazu ausgelegt, das Damentennis zu dominieren, wie Serena Williams das über Jahre getan hat. Dafür muss Kerber auf dem Platz zu sehr arbei- ten, hat nicht den überragenden Aufschlag wie eine Williams oder auch die Tschechin Karolina Pliskova, die Dritte der Weltrangliste ist und immer mehr Boden auf Kerber und Williams gutmacht.
Wie lange Kerber ihre Weltranglisten-Position diesmal verteidigen kann, bleibt abzuwarten. Theoretisch könnte Pliskova schon nach dem nun anstehenden Turnier in Miami an ihr vorbeiziehen. Dafür müsste die Tschechin aber Indian Wells und in Florida gewinnen.
Doch die Weltrangliste ist derzeit nicht Kerbers Sorge. „Ich bin in Indian Wells, um Matches zu gewinnen. Das ist das, was ich liebe und wofür ich die letzten Wochen gearbeitet habe“, hatte sie vor dem Turnier gesagt. In Miami wird sie einen weiteren Anlauf starten.