Rheinische Post Krefeld Kempen

Auftrittsv­erbote zeigen Wirkung

- VON MARTIN KESSLER VON ANTJE HÖNING VON REINHARD KOWALEWSKY

Es bedurfte des mutigen Auftretens einiger Kommunen, türkische Minister an anti-demokratis­chen Wahlkampfr­eden zu hindern, um Präsident Recep Tayyip Erdogan jetzt zum Einlenken zu bewegen. Unterstütz­t von einer Öffentlich­keit, die kein Verständni­s für Spitzeleie­n, Provokatio­nen und Aufhetzung türkischer Migranten zeigt, hat sich die deutsche Demokratie als wehrhaft erwiesen. Wer in unserem Lande Wahlkampf dafür macht, die Demokratie und den Rechtsstaa­t in einem anderen Land abzuschaff­en, hat hier nichts verloren. Das hat nun auch – zumindest bis zu einem gewissen Grad – die Partei Erdogans eingesehen.

Leider sind der türkische Präsident und die deutsche Kanzlerin in einer Mesallianc­e miteinande­r verbunden. Das ist eine ungute Beziehung, in der die beiden Partner voneinande­r abhängig sind. Merkel braucht die Hilfe der Türkei in der Flüchtling­sfrage, Erdogan das Geld und eine letzte Brücke nach Europa. Wenn er die abbricht, könnte das auch seine Macht in der Türkei gefährden. Doch das darf Merkel nicht an einer klaren Haltung hindern. So sehr ihre Besonnenhe­it zu loben ist, sich nicht von Erdogan provoziere­n zu lassen: In Sachen Wehrhaftig­keit könnte sie sich schon klarer ausdrücken. BERICHT TÜRKEI SAGT ALLE WAHLKAMPFA­UFTRITTE AB, TITELSEITE

Die EU-Kommission hat schon viel für den Wettbewerb getan: Sie hat dem allmächtig­en Software-Riesen Microsoft die Zähne gezogen, sie hat dem Beihilfe-Unwesen für Landesbank­en ein Ende bereitet (und der WestLB gleich mit). Nun knöpft sie sich Handwerker und Freiberufl­er vor. Tatsächlic­h ist bei Dienstleis­tungen der europaweit­e Wettbewerb geringer als bei Waren. Und wer sich schon mal über teure, unzuverläs­sige, schlechte Handwerker geärgert hat, hofft auf frischen Wind.

Dennoch schüttet die EU das Kind mit dem Bade aus. Zum einen verletzt sie mit der Dienstleis­tungsrefor­m das Subsidiari­tätsprinzi­p. Das regelt, dass Bildung (auch Berufsausb­ildung) Sache der Nationalst­aaten ist und nicht von der höheren Ebene okkupiert werden darf. Zum anderen sorgt die EU für neue Bürokratie – wieder mal. Wer die Modernisie­rung der Meisterbri­efe durch aufwendige Prüfungen so erschwert, dass sie unmöglich wird, will den Meister durch die Hintertür abschaffen. Das ist lumpig und kurzsichti­g. Der Meister stützt die duale Ausbildung, um die uns Europa eigentlich so beneidet. BERICHT DEUTSCHLAN­D WARNT EU VOR . . ., TITELSEITE

EEU schadet sich selbst

Wehrhafte Demokratie

s ist richtig, dass das Essener Landgerich­t harte Strafen wegen des Attentats gegen den SikhTempel verhängt hat. Wenn drei fanatische Jugendlich­e sich in Gewaltfant­asien hineinstei­gern, wenn sie Pläne für Anschläge diskutiere­n, wenn zwei von ihnen dann wirklich eine Bombe bauen und zünden, dann muss der Staat klare Kante zeigen: Relativ hohe Gefängniss­trafen sind dann auch für 17Jährige zwingend. Das Platzieren der Bombe muss als Mordversuc­h gewertet werden. Und auch die indirekte Unterstütz­ung der Pläne muss geahndet werden. Hinzu kommt: Die Demokratie muss sich wehrhaft zeigen, gewaltbere­ite Salafisten müssen abgeschrec­kt werden.

Trotzdem muss über das Strafmaß nachgedach­t werden – im richtigen Zusammenha­ng. Die Verurteilt­en können schon nach rund zwei Jahren auf Bewährung frei kommen, wenn sie sich gut führen und eine gute Sozialprog­nose haben. Einer der Täter scheint sich vom Salafismus zu distanzier­en – gut für ihn. Einer will weiter in Deutschlan­d die Scharia einführen – der kann ruhig lange hinter Gittern bleiben. BERICHT TEMPEL-ANSCHLAG: SIEBEN JAHRE HAFT . . ., TITELSEITE

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