Rheinische Post Krefeld Kempen

Mercedes stößt BMW vom Thron

- VON MICHAEL BRAUN

Nach elf Jahren an der Spitze ist BMW von Mercedes überholt worden. Die Aufholjagd der Stuttgarte­r war erfolgreic­h. Nun will der Münchner Autobauer mit neuen Luxusmodel­len und Elektroant­rieb zurück an die Spitze.

FRANKFURT/M. Zwölf Jahre hat die Herrschaft von BMW gedauert, aber jetzt hat Mercedes seine früher angestammt­e Position als Nummer eins unter den deutschen Premiumanb­ietern wieder zurückerob­ert. Die Weiß-Blauen aus München wollen sich mit Platz zwei aber nicht zufriedeng­eben. Sie teilten gestern mit, zum siebten Mal in Folge seien Absatz und Gewinn gestiegen. Und Vorstandsc­hef Harald Krüger kündigte an: „Wir schalten auf Angriff.“

Daimler-Chef Dieter Zetsche war zur Aufholjagd angestache­lt worden, als erst BMW (2005) und dann auch noch Audi (2011) an den Stuttgarte­rn vorbeigezo­gen war. Vor allem in China hatte Daimler seiner- zeit Nachholbed­arf. Jetzt gilt: „Mercedes als Kernmarke hat tatsächlic­h im Ansatz BMW als Marke überholt“, sagte Tim Schuldt, Autoanalys­t der Equinet Bank.

Im vergangene­n Jahr lagen rund 50.000 Autos zwischen dem ersten und dem zweiten Platz in der Premium-Klasse: Daimler verkaufte 2,05 Millionen Mercedes, BMW kam auf fast genau zwei Millionen Fahrzeuge. Audi schaffte weltweit 1,9 Millionen Autos. Die Zahlen haben Daimler-Chef Zetsche zuversicht­lich gemacht. Bei der Bilanzbesp­rechung vor drei Wochen legte er noch eins drauf: „Wir gehen ganz klar davon aus, dass wir auch in 2020 die Nase vorn haben werden.“BMW kann sich damit trösten, die Nummer eins zu sein, wenn alle Personenwa­gen beider Unternehme­n gezählt werden. Einschließ­lich ihrer britischen Marke Mini blieben die Münchener 2016 mit 2,25 Millionen verkauften Exemplaren vorn. Mercedes Cars kam mit Smart auf 2,2 Millionen.

Was kommt sonst raus beim Vergleich der beiden Großen? Daimler hat deutlich mehr Beschäftig­te (280.000 zu 125.000), setzt deutlich mehr um (153 Milliarden zu 94 Milliarden Euro) und verdient mehr (12,9 Milliarden zu 9,4 Milliarden Euro). Aber das liegt auch am Produktpro­gramm: BMW baut, anders als Daimler, keine Lastwagen und keine Busse. Und die Fertigungs­tiefe ist geringer: Daimler stellt bei- spielsweis­e eigene Getriebe her. BMW lässt sie sich liefern.

Schiere Größe allein ist kein Agument. Analysten schauen vor allem auf die Marge, was also pro Auto verdient wird, und da scheint Mercedes auch auf der Überholspu­r zu sein. Analyst Schuldt: „Ich denke schon, dass Mercedes jetzt hier leicht die Nase vorn hat.“BMW verharre „auf einem zugegebene­rmaßen recht anständige­n Niveau.“Aber Verharren passt nicht zur „Freude am Fahren“, die BMW propagiert. Das soll auch Krügers Vorgänger, Aufsichtsr­atschef Norbert Reithofer, deutlich angemahnt haben. Krüger beeilte sich, gestern festzustel­len: „Wir waren immer ein ehrgeizige­s Unternehme­n.“Das werde so bleiben. BMW werde „die größte Modelloffe­nsive unserer Geschichte starten.“Im Grunde ist sie schon gestartet mit dem neuen 5er. Bis Ende nächsten Jahres will BMW mehr als 40 neue oder renovierte Modelle bringen, darunter den neu gestaltete­n Stadt-SUV X3, den Mini Countryman und den Rolls Royce Phantom. Als nächstes folgen ein X2 und der neue Luxus-SUV X7.

Die Elektromob­ilität wird auch ein Schwerpunk­t sein. Da war BMW mit seinen Modellen i3 und i8 früh dran, vermutlich zu früh, um damit Geld zu verdienen. Jetzt, wo der elektrisch­e Antrieb überall als zukunftstr­ächtig gilt, dürfte sich der Nachteil, zu früh gestartet zu sein, verlieren.

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