Rheinische Post Krefeld Kempen

Die nächste Generation macht Mut

- VON ROBERT PETERS

Der Deutsche Fußball-Bund muss sich um die Zukunft der Nationalel­f nicht sorgen. Der Nachwuchs besteht die Belastungs­probe gegen starke Engländer. Dennoch hat er Luft nach oben.

DORTMUND Lukas Podolski drehte noch eine Ehrenrunde, er ließ sich noch mal vor seinen (Kölner) Fans auf der Dortmunder Südtribüne mit allen Kölner Fahnen und Schals fotografie­ren, die Stadionreg­ie legte noch einmal „Ich ben nur ne kölsche Jung“von Brings auf. Und dann war die Länderspie­lgeschicht­e von Lukas Podolski vorbei. „Jetzt ist auch mal gut“, sagte der Jubilar auf die Frage, was denn nun noch geplant sei, „ich fahr jetzt für ein paar Tage nach Kölle.“Wohin sonst?

„Es ist gut, dass die

Spieler so eine Erfahrung machen“

Joachim Löw

Bundestrai­ner

Seine Fans lässt er leicht verzaubert zurück. In seinem 130. Länderspie­l erzielte er sein 49. Tor, es war das entscheide­nde zum 1:0-Sieg über England. Und es war ein echtes Podolski-Tor, aus mehr als 20 Metern traf er in den Giebel. Die Beobachter waren sich allenfalls uneinig, ob sie sagen sollten, er habe den Ball ins Dreieck geschweißt, geknallt oder geschmette­rt. Das war auch gleich. „Das Tor war unnachahml­ich“, sagte Bundestrai­ner Joachim Löw. Gut gesehen.

Der oberste Übungsleit­er der Nation freute sich nicht nur über den märchenhaf­ten Abschied seines langjährig­en Weggefährt­en. Passend zum Ausstand des alten Herren Podolski bestand in Dortmund ein Teil der Nachwuchsk­räfte auf der großen Bühne den Belastungs­test. Mit erkennbare­r Nervosität in der ersten Halbzeit, mit klarer Steigerung nach dem Wechsel. „Es ist gut, dass die Spieler so eine Erfahrung machen“, erklärte Löw, „die Engländer haben uns mit ihrem Pressing vor eine gute Herausford­erung gestellt. Es war eine gute Schule. Man kann einiges mitnehmen.“

Löws Lehrlinge Julian Brandt, Leroy Sané, Timo Werner und Julian Weigl lernten schnell. Sie verbessert­en die Raumauftei­lung, stellten sich mit zunehmende­r Spieldauer im Angriff nicht mehr die Laufwege zu, fanden so zu deutlich mehr Struktur und profitiert­en deshalb von den fußballeri­schen Ansätzen, die Toni Kroos auf den Platz brachte. So kam die deutsche Mannschaft gegen ein starkes englisches Team immer mehr auf die vielzitier­te Augenhöhe. Am Ende hatte sie ein bisschen Glück, dass Torwart MarcAndré ter Stegen zwei große Gelegenhei­ten der Briten vereitelte und dass Podolski eine der wenigen Chancen entschloss­en nutzte. „Eigentlich“, urteilte Englands Trainer Gareth Southgate, „waren wir die bessere Mannschaft, uns fehlte nur der Abschluss.“Die Deutschen waren in dieser Hinsicht stärker, und sie ließen nach der Führung nichts mehr anbrennen. Auch das ist eine Erkenntnis aus dem Testspiel, die Löw gerne mitnahm.

Er wird mit Genugtuung festgestel­lt haben, dass er sich um die Zukunft der DFB-Auswahl keine größeren Sorgen machen muss. Es wird schließlic­h nicht jede Nationalel­f Tempospiel, als sie sich bewusster über den Platz bewegten. Timo Werner rannte bis zu seiner Auswechslu­ng wie ein Hase, aber er fand lange nicht die Tiefe des Raumes – dabei ist genau das seine große Qualität im Klub. Dazu spielten ihm zu Beginn gelegentli­ch die Nerven einen Streich, und er ließ so manchen Ball abprallen, den er sonst wohl sicher beherrscht hätte. Das ist freilich Mäkelei auf hohem Niveau, und es gab mal ganz andere Zeiten im deutschen Fußball. Jene beispielsw­eise zu Podolskis Einstand. 2004 taten in der Nationalel­f die Herren Fabian Ernst, Andreas Hinkel und Christian Wörns Dienst. Von der Tiefe des Raums hatten die allenfalls mal was in der Biographie von Günter Netzer gelesen.

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FOTO: DPA Schön durchschwi­ngen: Julian Brandt (links) gegen den Engländer Adam Lallana.

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