Rheinische Post Krefeld Kempen

Playboy und Profi

- VON ECKHARD CZEKALLA

Lewis Hamilton genießt das Leben, erledigt aber seine Arbeit im Cockpit eines Formel-1-Autos nahezu perfekt.

DÜSSELDORF/MELBOURNE Typisch Lewis Hamilton! Als im Vorfeld des WM-Auftakts am Sonntag in Melbourne (7 Uhr MESZ/RTL) einige Fahrer nach ihren Wünschen an den neuen Besitzer der Formel 1, Liberty Media, gefragt wurden, antwortete der 32-Jährige: „Mehr Ladies im Paddock. Hier laufen zu viele Typen rum.“Der Engländer ist die schillernd­ste Figur im Motorsport. „Er liefert eine Menge Geschichte­n“, sagte Mercedes-Teamchef Toto Wolff.

Christian Horner

In der vergangene­n Saison waren es einige mehr, als ihm lieb waren. Hamiltons Duell mit seinem Teamrivale­n Nico Rosberg, der ihm letztlich den WM-Titel wegschnapp­te, kostete Wolff und seinem Mitstreite­r, Teamoberau­fseher Niki Lauda, viel Nervenkraf­t. Hamilton sei zugleich ein Medien-Phänomen und ein exzellente­r Rennfahrer, betonte der Österreich­er. Und damit ein perfekter Botschafte­r der Rennserie. „Lewis bringt die Popularitä­t der Formel 1 an Plätze, die wir sonst nie erreichen würden“, stellte Red-BullTeamch­ef Christian Horner fest.

Hamilton ist in den neuen Medien so präsent wie kein anderer Formel-1-Pilot. Er hat sogar einen eigenen Instagram-Account für seine beiden Bulldoggen Roscoe und Coco. In seiner Freizeit beschäftig­t er sich nicht nur mit der Suche nach Wegen, wie er seine Leistung auf dem Asphalt noch optimieren kann. Der Engländer, seit 2007 in der Königsklas­se und schon dreimal Welt- meister, nutzt jede Gelegenhei­t, um auszubrech­en. Die immer wieder mal unterbroch­ene Liaison mit der Popsängeri­n Nicole Scherzinge­r sorgte für zahlreiche Geschichte­n. Hamilton genießt das Jetset-Leben. Die Formel-1-Welt allein reicht ihm nicht. Es sei doch gut für ihn, wenn er als Rennfahrer und als Star auf dem Roten Teppich anerkannt wird, sagte der Hobbymusik­er. Seine Leidenscha­ft gehört der Rap-Musik. Hamilton hat schon CDs aufgenomme­n. Wenn seine Zeit als Rennfahrer vorbei ist, will er nichts mehr mit der Formel 1 zu tun haben. Er habe andere Pläne, verriet er.

Hamilton strotzt vor Selbstbewu­sstsein. Die Niederlage gegen Rosberg, der wenige Tage nach dem Triumph seinen Rücktritt erklärte, wurmt ihn noch immer. Nun schiebt er Ferrari-Fahrer Sebastian Vettel die Rolle des Favoriten zu. „So fühlt es sich an. Auch die Daten der Testfahrte­n sagen es. Ich hoffe, wir sind dicht dran“, unterstric­h der 32Jährige in Melbourne. Auch wenn durch die technische­n Neuerungen durchaus Fragezeich­en hinter der Stärke der Teams stehen, klingt es, als ob einer Spannung erzeugen will nach drei Jahren erdrückend­er Mercedes-Dominanz.

Hamilton jedenfalls ist bereit, seine Position als zweiterfol­greichster Fahrer nach Michael Schumacher auszubauen. Der Brite hat 53 Siege auf seinem Konto – 38 weniger als der Rekordwelt­meister. „Ich fühle mich in der Form meines Lebens. Ich bin hungriger denn je auf meinen vierten Titel“, sagte er. Gerne postet er Bilder, die seinen durchtrain­ierten, fast überall mit Tattoos versehenen Körper zeigen. Einen Manager in Sachen Formel 1 hat er nicht. Das regelt er selbst. Motivation­strainer braucht er auch nicht. „Ich habe den Besten überhaupt. Ich sehe ihn jedes Mal, wenn ich in den Spiegel schaue“, betonte er.

„Lewis bringt die Popularitä­t der Formel 1 an Plätze, die wir sonst nie erreichen würden“

Red-Bull-Teamchef

In Hamiltons Welt ist für Zweifel wenig Platz. „Eine negative Einstellun­g wird dir niemals ein positives Leben verschaffe­n. Bleibe positiv und halte das Negative fern. Energie ist ansteckend“, twitterte er. Und Kindern riet er, sich von niemandem einreden zu lassen, dass sich ihre Träume nicht erfüllen können. Seiner hat sich längst erfüllt. Der Aufstieg aus bescheiden­en Verhältnis­sen zu einem weltweiten Star, der mit seiner Qualität hinter dem Steuer eines Formel-1-Rennwagens zum Millionär wurde und der sich sein Leben so gestalten kann, wie er es möchte.

Auch im sportliche­n Wettstreit geht Hamilton seinen Weg. Teamorder ignorieren, den Teamkolleg­en reizen und hart attackiere­n, ein Egoist auf der Strecke sein, dazu das Talent, ein Auto extrem schnell fahren zu können, das sind Zutaten, die einen Champion ausmachen.

Hamilton hat sie alle.

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