Rheinische Post Krefeld Kempen

Streit um Amri-Gutachter

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Der Jurist, der Versäumnis­se in NRW untersucht, hat sich in NRW beworben.

DÜSSELDORF (kib/dpa) Die CDUOpposit­ion im Landtag fordert Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft (SPD) auf, Zweifel an der Unabhängig­keit des Gutachters im Fall Amri auszuräume­n. „Es ist ein Treppenwit­z, dass Frau Kraft nach Aussage ihres Sprechers jemanden, der offenkundi­g in den NRW-Landesdien­st wechseln will, für unabhängig hält, um etwaige Fehler seines künftigen Dienstherr­n zu prüfen“, sagte Daniel Sieveke, CDU-Sprecher im Parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­ss zum Fall Amri. Amri hatte am 19. Dezember einen Lastwagen auf den Weihnachts­markt an der Berliner Gedächtnis­kirche gesteuert und zwölf Menschen getötet.

Die Landesregi­erung hatte zur Aufklärung des Falls Amri und etwai- ger Versäumnis­se in NRW den Gießener Professor Bernhard Kretschmer als eigenen Gutachter beauftragt. Laut „Westfalenp­ost“verhandelt der Strafrecht­ler aber über einen Wechsel an die Uni Bielefeld; neuer Dienstherr wäre das Land NRW.

Die Staatskanz­lei bestätigte gestern ein laufendes Berufungsv­erfahren und erklärte dazu: „Der Landesregi­erung war das Berufungsv­erfahren der Universitä­t Bielefeld vor Beginn der Gespräche mit Prof. Dr. Kretschmer zur Auftragsve­rgabe nicht bekannt.“Im Rahmen der Gespräche im Vorfeld der Vergabe des Gutachtens habe Kretschmer aber darüber informiert, dass er bereits im Dezember einen Ruf nach Bielefeld erhalten habe. Das noch laufende Berufungsv­erfahren sei nicht mit Kretschmer erörtert worden, da es alleine ihn und die Universitä­t betreffe. Man zweifle nicht an Kretschmer­s Unabhängig­keit.

Neue Fragen warf auch eine interne Warnung des NRW-Landeskrim­inalamts (LKA) zu Amri auf. Demnach alarmierte das LKA laut „Bild am Sonntag“das NRW-Innenminis­terium schon im März 2016, dass „nach den bislang vorliegend­en, belastbare­n Erkenntnis­sen zu prognostiz­ieren ist, dass durch Amri eine terroristi­sche Gefahr in Form eines (Selbstmord-)Anschlages ausgeht“. Ralf Jäger (SPD) und sein Innenminis­terium hätten „diese überdeutli­che Warnung kein einziges Mal erwähnt“, kritisiert­e Sieveke. Das Ministeriu­m wies die Vorwürfe zurück: Der Vermerk sei bekannt.

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