Rheinische Post Krefeld Kempen

DIGITAL

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Start-ups sind wie Spargelstä­nde Im Supermarkt gibt es bereits Spargel. Mir ist das zu früh. Ich esse ihn erst, wenn in den Läden die Weihnachts­deko ausgepackt wird – also Ende Mai. Dafür fiel mir auf, dass es viele Parallelen zwischen Spargel und Start-ups gibt.

Während ich noch mit Winterreif­en fahre, wird im Supermarkt bereits Spargel angeboten. Weil ein Kilo jedoch so viel kostete, wie mein restlicher Einkauf, verzichtet­e ich. Dafür musste ich an zwei Start-ups denken, mit denen ich zuletzt zu tun hatte.

Das eine, Klarna, bietet Online-Bezahllösu­ngen an. Das andere, iAdvize, verbessert die Kommunikat­ion von Firmen mit ihren Kunden. Das klingt nicht nach Gemüsehand­el, dennoch haben sie viel mit Spargelstä­nden gemein: Das Phänomen bei denen ist ja, dass sie im Grunde überall aufgebaut werden können – ihr Standort aber gleichzeit­ig über Erfolg und Misserfolg entscheide­t. Wer dort seine Bude hat, wo jeden Tag die Pendler vorbeikomm­en, macht das große Geschäft. Wer einen schlechten Standort hat, bleibt auf den Stangen sitzen. Klarna hat zuletzt angekündig­t, seinen Hauptsitz von Köln nach München zu verlegen. Als Grund nannten die Schweden auch die Nähe zur Schweiz und Österreich. iAdvize wiederum eröffnete vor einigen Monaten in Düsseldorf ein Büro – und begründete das auch damit, dass es hier einen Direktflug ins französisc­he Nantes gibt, wo das Start-up seinen Hauptsitz hat.

Obwohl beide ihr Geschäft in der digitalen Welt machen, geht es bei der Frage nach ihren Büro-Standorten um Dinge, die auch schon bei Unternehme­nsgründung­en vor 50, 100, 500 Jahren wichtig waren: Die Anbindung an Menschen und Märkte, an den Verkehr. Analog und offline. Wie bei Spargelstä­nden.

Hinzu kommt: Anders als Unternehme­nfrüherkön­nenStart-upswie Spargelstä­nde auf- und abgebaut werden. Früher gab es Maschinen und Fabriken, heute muss nur der Laptop ausgestöps­elt werden.

Die Politik muss sich auf diese neue Dynamik noch besser einstellen. Sie kann sich nicht nur auf Flug- verbindung­en und den Zufall verlassen. Dazu müssen die Kontakte zur „Gründersze­ne“noch enger werden, so dass die entscheide­nden Stellen frühzeitig erfahren, was die Gründer brauchen – und so vielleicht helfen können. In Städten wie Düsseldorf oder Köln gibt es gute Ansätze. Fakt ist aber auch: Bei Klarna erfuhren das NRW-Wirtschaft­sministeri­um und auch die Stadt Köln erst durch die Pressemitt­eilung von den Plänen.

Es gibt zwar ehrenamtli­che Digital-Scouts des Wirtschaft­sministeri­ums, doch die allein können das Pensum kaum stemmen. Stattdesse­n sollte es künftig auch noch hauptberuf­liche Scouts geben, die sich für Stadt und Land um die Start-ups kümmern. Denn auch diese Parallele gibt es zum Spargel: Die Ernte ist mühsame Arbeit – doch wirtschaft­lich am Ende äußerst lukrativ. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

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