Rheinische Post Krefeld Kempen

Talente auf dem (Ab)Sprung

- VON KARSTEN KELLERMANN

Andreas Christense­n wird im Sommer zum FC Chelsesa zurückkehr­en. Bei Mo Dahoud gibt es einige Anzeichen, dass er Gladbach verlassen und zum BVB gehen wird. Die Verluste werden schmerzen, doch es gibt Nachfolge-Kandidaten im Kader.

Mo Dahoud und Andreas Christense­n haben viel gemeinsam. So sprechen sie beide nicht gern, zumindest nicht in der Öffentlich­keit. Dahoud hat bisher in seiner Karriere vielleicht eine Handvoll Interviews gegeben, meist gibt es von seiner Seite nur Nonverbale­s zu den Spielen, einen hochgereck­ten Daumen zum Beispiel. Andreas Christense­n hat meist auch nicht viel Lust auf langes Erzählen, wenn er spricht (was selten vorkommt), dann eher kurz und knapp. Beide Borussen lassen lieber Leistungen auf dem Rasen sprechen. In einer Zeit, da viel geplappert wird allenthalb­en, ist das vielleicht nicht mal der schlechtes­te Ansatz.

Gerade was Dahoud angeht, gibt es natürlich eine lange Anfragelis­te für Interviews, schließlic­h würde jeder gern der Erste sein, der melden kann, wie sie denn nun tatsächlic­h ausschaut, die Zukunftspl­anung des Deutsch-Syrers. Wenn Spieler in seinem Alter, mit zarten 21, auf dem Sprung sind, ist zumeist der nächste Schritt gemeint: sich durchzuset­zen, sich zu etablieren. Das aber hat Dahoud ebenso wie Christense­n schon hinter sich. Beide gehören zu den Jahrgangsb­esten in Europa auf ihrer jeweiligen Position. Borussia hat da zwei glitzernde Perlen. Doch beide sind wohl auf dem Absprung.

Dass Christense­n nach zwei Jahren Leihe zurückkehr­t zum FC Chelsea und dieser den Dänen auch behalten wird, steht längst fest. „Wie es im Moment aussieht, wird er im Sommer nach London zurückkehr­en. Chelsea will Andreas schon lange zurück, aber der Leihvertra­g hat eine vorzeitige Rückkehr unmöglich gemacht“, sagte Christense­ns Vater im Januar der dänischen Zeitung BT. Bei Dahoud gibt es derlei klare Aussagen nicht. Borussia hat dem ihm ein Angebot vorgelegt, zuletzt noch mal, und wartet nun auf eine Antwort. Es geht darum, den bis 2018 datierten Vertrag zu deutlich verbessert­en Konditione­n zu verlängern. Doch Dahoud zögert schon lange, sich für eine weitere Zusammenar­beit zu entscheide­n, und stets ranken sich Gerüchte um das Interesse anderer Klubs aus dem Inund Ausland an dem Hochbegabt­en. Und wenn sich das Zögern hinzieht, ist es meist kein gutes Zeichen, sondern bedeutet: Es wird schwierig bis unmöglich, den Spie- ler zu halten. Zumal sich Menschen, die sich gut bei Borussia Dortmund auskennen, recht sicher sind, dass Dahoud in der nächsten Saison zwar Borusse sein wird, jedoch ein schwarz-gelber. Dazu passt, dass sich Dahoud, mithin Wunschspie­ler von BVB-Coach Thomas Tuchel, bereits Immobilien in der Nähe von Dortmund angeschaut haben soll. Fest steht noch nichts, aber da könnte ein Umzug anstehen.

Christense­n und vor allem Dahoud werden sich wohl einreihen in jene Schar der Borussen-Talente, die nicht zu halten waren, als die Großen kamen und mit ganz anderen finanziell­en oder sportliche­n Perspektiv­en winkten. Unter anderem Stielike, Matthäus, Effenberg, Jansen, Marin, Reus, ter Stegen. Für Christense­n wird Borussia, das ist die Natur der Sache (Leihe), kein Geld bekommen, auch wenn sie seinen Marktwert deutlich gesteigert hat, derzeit dürfte er 20 bis 30 Millionen Euro wert sein. Ähnliche Summen kann Borussia für Dahoud aufrufen. Nach Informatio­nen unserer Redaktion gibt es keine Aus- stiegsklau­sel in Dahouds Vertrag. Den Dahoud-Erlös würde Borussia für die Nachfolger-Suche zur Verfügung haben, sondiert wird der Markt längst, sowohl nach dem nächsten Christense­n als auch nach dem nächsten Dahoud.

Allerdings gibt es im eigenen Hause auch Kandidaten für die Nachfolge: Nico Elvedi und Laszlo Benés. Elvedi hat bereits nachgewies­en, dass er ein junger, moderner Innenverte­idiger sein kann, als er ein Fixpunkt in der Dreierkett­e von ExTrainer André Schubert war. Derzeit ist er bei Dieter Hecking eher außen in der Viererkett­e eingeplant, doch könnte er gleichwohl auch innen spielen. Noch hat er nicht die Klasse Christense­ns, doch hat der Schweizer gezeigt, dass er an seinen Aufgaben wachsen kann. Benés hat soeben erstmals seine Visitenkar­te abgegeben in der Bundesliga. Er bekam für den Kurzauftri­tt gegen den FC Bayern gute Kritiken. Benés ist eine andere Art Sechser als Dahoud, doch auch einer, der ein Spiel initiieren kann, ein guter StandardSc­hütze, auch einer, der den entscheide­nden Pass spielen kann. Die natürliche Genialität Dahouds hat er womöglich nicht, doch das könnte er mit seinem Spielwitz wettmachen. Wie Dahoud mag auch er das Risiko – damit kann man den Unterschie­d ausmachen. Elvedi und Benés sind Talente auf dem Sprung und ein Teil der Borussia-Zukunft.

Verluste schmerzen dennoch immer, vor allem, wenn es um Hoffnungst­räger geht, daran haben sich die Gladbacher gewöhnt. Doch wer etwas verliert, hat Freiraum für Neues, zuweilen auch für Überraschu­ngen. Als Marko Marin 2009 ging, riefen nicht wenige Experten das Ende aller Fußballfre­uden in Gladbach aus. Dann kam ein gewisser Marco Reus, der bis dahin allenfalls ein Geheimtipp war .

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FOTO: IMAGO London und Dortmund statt Gladbach: Andreas Christense­n (r.) wird Gladbach im Sommer in Richtung FC Chelsea Verlassen und in Dortmund gehen die Experten davon aus, dass Mo Dahoud künftig schwarz-gelb tragen wird.

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