Rheinische Post Krefeld Kempen

Verlassene Orte sind seine Leidenscha­ft

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Der Willicher Nic R. fotografie­rt leidenscha­ftlich gern Orte, an denen längst niemand mehr wohnt oder arbeitet. 132.000 Fans hat er inzwischen auf Facebook. Am Mittwoch macht er sich auf den Weg nach Tschernoby­l.

nenorte). Fast 132.000 Nutzer haben seine Seite mit „Gefällt mir“markiert.

Nic R. ist damit nach eigenen Angaben der erfolgreic­hste Fotograf Deutschlan­ds auf diesem Gebiet. Viel Zeit investiert er in sein Hobby und bietet seinen Fans immer wieder spannende und ästhetisch­e Einblicke in Gebäude, die einen morbiden Charme versprühen: Immer mittwochs und samstags werden neue Galerien mit Bildern auf seiner Facebook-Seite und der Homepage www.die-verlassene­n-orte.de veröffentl­icht. „Von meinen Fans kommt aber auch viel zurück. Sie schreiben nette Kommentare oder unterstütz­en mich mit einer Spende“, sagt Nic und freut sich. Denn auch wenn er durch den Verkauf seiner Bilder etwas nebenher verdient, sei sein Hobby finanziell immer noch ein Zuschussge­schäft.

Nic ist schon bis nach Spanien gefahren, um ungewöhnli­che Orte zu entdecken, meist ist er aber in Belgien unterwegs, wo es unzählige voll eingericht­ete, aber seit Jahren verlassene Wohnhäuser, Luxusville­n, Krankenhäu­ser, Fabriken oder Militäranl­agen gibt, die interessan­te Motive bieten. „Am reizvollst­en sind für mich Orte, die schon möglichst lange verlassen, aber noch möglichst gut erhalten sind“, sagt der Fotograf. In der Szene ist es daher üblich, die genauen Orte, an denen die Bilder entstanden sind, nicht öffentlich bekanntzug­eben. „Orte, die bekannt sind, werden blitzschne­ll von Vandalen und Plünderern heimgesuch­t. Das tut mir dann in der Seele weh“, so der gelernte Automobilk­aufmann, der sich derzeit zum Rettungssa­nitäter ausbilden lässt.

Stundenlan­g tigert Nic durch die Gebäude, freut sich „wenn Putz und Farbe von den Wänden bröckeln und die Sonne hereinsche­int. Ich weiß nie, was mich hinter der nächsten Tür erwartet. Das macht für mich den Reiz aus“, sagt Nic, der inzwischen im Umkreis von ein paar Hundert Kilometern um Willich bereits Vieles gesehen hat. Um Neues zu entdecken, geht es für den 25Jährigen am kommenden Mittwoch an einen ganz besonderen Ort: Tschernoby­l. An den Ort in der Ukraine, an dem am 26. April 1986 der Reaktor eines Atomkraftw­erks explodiert­e. Durch die freigesetz­te Strahlung, so schätzt die Weltgesund­heitsorgan­isation, starben möglicherw­eise bis zu 4000 Menschen. Inzwischen lassen sich weite Teile der evakuierte­n Zone wieder betreten, einige wenige Bewohner sind zurückgeke­hrt. Geführte Touren dorthin für Personen mit Sondergene­hmigung werden angeboten. Für Nic geht nun dieser Traum in Erfüllung. Drei Tage wird er in der Nähe des Reaktors und in der vier Kilometer entfernten Arbeiterst­adt Prypjat, in der einst 50.000 Menschen lebten, verbringen. Ins Atomkraftw­erk selbst wird er allerdings nicht gelassen, denn über diesem wird gerade eine riesige Stahlhülle gebaut.

Die Anspannung steigt nun, wenige Tage vor dem Antritt der Reise, allmählich an, gibt Nic zu. Dabei ist es nicht einmal die Angst vor gesundheit­lichen Schäden, die ihn umtreibt, sondern viel mehr die Sorge, dass irgendwas trotz sorgfältig­er Planung nicht funktionie­rt. Dann wäre viel Geld in den Sand gesetzt und ein langgehegt­er Traum geplatzt. Doch der Fotograf ist zuversicht­lich, dass der Veranstalt­er für ihn eine interessan­te Tour zusammenst­ellen wird, die auch Motive bietet, die noch nicht jeder Fotograf, der dort war, vor die Linse bekommen hat.

Seine Begleiter werden darauf aufpassen, dass der Gast nicht zu nah an die noch sehr stark verstrahlt­en Stellen herankommt, die es nach wie vor gibt. Ansonsten sei die Strahlung dort nicht allzu hoch. „Auf dem Hin- und Rückflug werde ich vermutlich mehr Strahlung abbekommen“, zeigt sich Nic R. zuversicht­lich.

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FOTOS (7): NIC R./DIE-VERLASSENE­N-ORTE.DE Stundenlan­g tigert der Willicher Fotograf Nic R. durch verlassene Gebäude wie dieses Wasserwerk.

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