Rheinische Post Krefeld Kempen

Anschlag auf BVB-Bus: Islamist festgenomm­en

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Das Sprengstof­f-Attentat auf die Mannschaft von Borussia Dortmund hat möglicherw­eise einen islamistis­chen Hintergrun­d. Das gestern nachgeholt­e Spiel gegen AS Monaco verlor der BVB mit 2:3 Toren.

DORTMUND/BERLIN (RP) Einen Tag, nachdem drei versteckte Sprengsätz­e den Mannschaft­sbus von Borussia Dortmund beschädigt und Abwehrspie­ler Marc Bartra schwer verletzten hatten, ging die Bundesanwa­ltschaft gestern Spuren nach, die ins islamistis­che Milieu führen. Die Karlsruher Behörde hat die Ermittlung­en übernommen, weil sie davon ausgeht, dass die Tat das Werk von Terroriste­n ist.

Ein Islamist wurde festgenomm­en. Seine Wohnung sowie die eines zweiten Tatverdäch­tigen aus dem islamistis­chen Spektrum seien durchsucht worden, teilte Behördensp­recherin Frauke Köhler mit. Die genaue Motivlage des Anschlags sei derzeit aber noch unklar. Die Verdächtig­en sollen aus NordrheinW­estfalen stammen. Die NRW-Sicherheit­sbehörden schlossen weitere Taten nicht aus und blieben in Alarmberei­tschaft.

Die drei Sprengsätz­e waren Köhlers Angaben zufolge mit Metallstif­ten bestückt. Die Bomben hätten eine Sprengwirk­ung von mehr als 100 Metern gehabt. Ein Metallstif­t habe sich in die Kopfstütze eines Bussitzes gebohrt. Am Anschlagso­rt seien drei Bekennersc­hreiben mit gleichem Text gefunden worden. „Danach scheint ein islamistis­cher Hintergrun­d der Tat möglich“, sagte Köhler.

Unter anderem werde darin der Abzug von Tornado-Kampfflugz­eugen der Bundeswehr aus Syrien und die Schließung des US-Luftwaffen­stützpunkt­es Ramstein gefordert, bestätigte die Sprecherin der Bundesanwa­ltschaft. In dem Schreiben wird Kanzlerin Merkel namentlich erwähnt. So heißt es: „Aber anscheinen­d scherst du dich Merkel nicht um deinen kleinen dreckigen Untertanen. Deine Tornados fliegen immer noch über dem Boden des Kalifats, um Muslime zu Ermorden.“

Bei einem in der Nacht im Internet auf der Seite „linksunten.indymedia.org“veröffentl­ichten weite- ren Bekennersc­hreiben bestehen nach einer ersten Bewertung erhebliche Zweifel an der Echtheit. In dem Schreiben wird ein linksextre­mistischer Hintergrun­d des Anschlags behauptet.

Das neu angesetzte­n ChampionsL­eague-Spiel gegen den AS Monaco, das gestern Abend unter starken Sicherheit­svorkehrun­gen im ehemaligen Westfalens­tadion stattfand, verlor der BVB mit 2:3 Toren. Dortmunds Profis hatten selbst entscheide­n dürfen, ob spielen wollten. „Die Jungs sind gefragt worden, wie sie sich fühlen. Und wenn einer sagen kann, er fühlt sich absolut nicht in der Lage zu spielen, dann ist es ihm auch freigestel­lt“, sagte BVBTorwart­trainer Wolfgang „Teddy“de Beer unserer Redaktion vor der Begegnung.

Die Bundesregi­erung stärkte dem BVB demonstrat­iv den Rücken. Kanzlerin Angela Merkel, die von eine „widerwärti­gen Tat“sprach, telefonier­te mit BVB-Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke. Dabei sagte sie: „Unsere Gedanken sind beim BVB und bei den Fans.“Die Solidaritä­t der Fans untereinan­der wertete die Kanzlerin als klares Signal gegen jede Art von Gewalt. Als „Zeichen der Unterstütz­ung“war Innenminis­ter Thomas de Maizière zum neu angesetzte­n Champions-LeagueVier­telfinale gereist. „Wir wollen, dass solche Spiele stattfinde­n, wir wollen dem Terror nicht weichen“, sagte der CDU-Politiker.

Da die Tat noch nicht vollständi­g aufgeklärt ist, hielten sich die Innenpolit­iker gestern mit Bewertunge­n zurück. „Wenn es sich bewahrheit­en sollte, dass ein islamistis­cher Anschlag verübt wurde, dann stehen wir vor einer neuen Qualität des Terrors, weil mit der BVB-Mannschaft eine konkrete Gruppe das Anschlagsz­iel war“, sagte der Vorsitzend­e des Innenaussc­husses im Bundestag, Ansgar Heveling, unserer Redaktion. Der CDU-Politiker sprach sich für ein neues Sicherheit­skonzept bei großen Fußballspi­elen aus. Bislang stünden eher die Menschenme­ngen im Stadion im Zentrum der Aufmerksam­keit. Offensicht­lich müssten auch die Routen der Spieler und das gesamte Umfeld stärker in die Überwachun­g einbezogen werden.

Der Vorsitzend­e des Zentralrat­s der Muslime, Aiman Mazyek, rief zur Solidaritä­t zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen auf. „Es ist schockiere­nd, welch mörderisch­e Methoden sich Verbrecher ausdenken, um einen Keil in die Gesellscha­ft zu treiben.“Leitartike­l Panorama

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