Rheinische Post Krefeld Kempen

Arbeit in Vollzeit mit Mindestloh­n reicht oft nicht zum Leben

- VON EVA QUADBECK

BERLIN Ein Vollzeitjo­b mit Mindestloh­n reicht für viele Arbeitnehm­er nicht aus, um Lebenshalt­ungs- und Wohnkosten zu decken. Dies gilt insbesonde­re für Alleinerzi­ehende, wie aus einer Antwort der Bundesregi­erung auf Anfrage der Linken hervorgeht.

Beim aktuellen Mindestloh­n von 8,84 Euro und 37,7 Stunden Arbeit pro Woche ergibt sich ein Bruttoeink­ommen von 1444 Euro. Unter Berücksich­tigung von Steuern, Abgaben, Freibeträg­en und Lebenshalt­ung bleiben einer Alleinerzi­ehenden noch 339 Euro für die Kosten von Wohnung und Heizung. Das reicht in der Regel nicht. Bei 87 Prozent der Hartz-IV-Bedarfsgem­einschafte­n Alleinerzi­ehender mit einem Kind liegen die von den Behörden anerkannte­n Wohnkosten hö- her, wie aus der Antwort der Bundesregi­erung hervorgeht.

„Wer für Mindestloh­n Vollzeit arbeitet, kann aus eigener Arbeit die grundlegen­dsten Bedürfniss­e wie ein Dach über dem Kopf nicht bezahlen“, kritisiert­e der Vize-Fraktionsc­hef der Linken im Bundestag, Klaus Ernst. Er forderte einen „Mindestloh­n von zwölf Euro, um den Niedrigloh­nsektor in Deutschlan­d einzudämme­n, um arbeitende Menschen aus Transferle­istungen herauszuho­len und ihnen eine Rente oberhalb der Grundsiche­rung zu ermögliche­n“.

Selbst für Singles in Vollzeittä­tigkeit, die nur den Mindestloh­n erhalten, ist es mitunter schwierig, ihren Lebensunte­rhalt selbst zu bestreiten. Bei einem Bruttoeink­ommen von 1444 Euro bleiben ihnen 368 Euro für das Wohnen und Heizen. Bei 39 Prozent der Bedarfsge- meinschaft­en Alleinsteh­ender erkennen die Behörden höhere Wohnkosten an. Flächendec­kend ist dies in Hessen, Berlin und Hamburg der Fall. Auch in Düsseldorf, im Kreis Neuss, in Bonn, Köln, Münster, Darmstadt, Frankfurt/ Main, Wiesbaden und Mainz liegen die Wohnkosten so hoch, dass Vollzeit arbeitende Singles mit Mindestloh­n auf ergänzende Sozialhilf­e angewiesen sind.

Insgesamt leben nach Angaben der Bundesregi­erung in Deutschlan­d 1,18 Millionen Menschen, die ergänzende Leistungen für Erwerbstät­ige benötigen. Darunter fallen auch jene, die nur in Teilzeit beschäftig­t sind.

Nach einer Schätzung des Statistisc­hen Bundesamte­s sind rund 1,4 Millionen Arbeitsver­hältnisse derzeit vom Mindestloh­n ausgenomme­n.

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