Rheinische Post Krefeld Kempen

Verbrauche­rschützer machen Bausparern etwas Hoffnung

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Der BGH hatte im Februar zugunsten der Bausparkas­sen entschiede­n, die massenhaft Altverträg­e gekündigt hatten.

STUTTGART (dpa) Nach einer Niederlage vor dem Bundesgeri­chtshof (BGH) im Streit um Bausparver­träge wollen sich Verbrauche­rschützer nicht geschlagen geben. Deutschlan­ds oberstes Zivilgeric­ht hatte im Februar geurteilt, dass die massenhaft­en Kündigunge­n von relativ gut verzinsten Altverträg­en rechtmäßig sind. Dieses Urteil gelte aber nicht pauschal für alle Altverträg­e, sagt Niels Nauhauser von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. Bestimmte Bonusvertr­äge, bei denen Kunden neben Guthabenzi­nsen noch eine Extrazahlu­ng bekommen, könnten aus dem pauschalen Anwendungs­bereich des Urteils herausfall­en. Daher müssten wohl mehrere Tausend Kündigunge­n zurückgeno­mmen werden.

Verglichen mit der Gesamtzahl der gekündigte­n Altverträg­e – schätzungs­weise mehr als 250.000 – wäre das nur ein Bruchteil. Bei Bausparver­trägen gibt es eine Sparphase und eine Darlehensp­hase. Hat ein Sparer genug Geld angespart, ist der Vertrag zuteilungs­reif – dann kann er ein relativ niedrig verzinstes Darlehen abrufen. Wegen der von der Europäisch­en Zentralban­k vorgegeben­en Niedrigzin­sphase sind klassische Kredite heutzutage aber oft billiger zu haben als normale Bauspardar­lehen außerhalb eines Bausparver­trags – daher verzichten viele Sparer auf das Abrufrecht und kas- sieren stattdesse­n lieber weiter Guthabenzi­nsen von zumeist drei Prozent. Das wiederum setzte die Bausparkas­sen unter Druck, die ab 2015 massenhaft Altverträg­e gekündigt haben, die seit mehr als zehn Jahren zuteilungs­reif waren. Laut BGH sind die Kündigunge­n rechtmäßig.

Nach Veröffentl­ichung des schriftlic­hen Urteils weist die Verbrauche­rzentrale nun aber darauf hin, dass das Kündigungs­recht laut BGH-Urteil nur „für den Regelfall“anwendbar sei. Für bestimmte Bonusvertr­äge deute der BGH an, dass die Rechtslage anders zu bewerten sei, sagt Nauhauser. Bei Bonusvertr­ägen bekommt der Kunde eine Prämie, etwa wenn er lange spart – dadurch wollen die Kassen sicherstel­len, dass Kunden ihr Guthaben nicht plötzlich abheben.

Dem BGH-Urteil zufolge ist in solchen Fällen nicht der Zeitpunkt der Zuteilungs­reife, sondern die Erlangung des Bonus entscheide­nd – zehn Jahre nach diesem Zeitpunkt darf gekündigt werden. „Das heißt auch: Im Licht des Urteils war nun doch ein Teil der Kündigunge­n rechtswidr­ig, weil sie zu früh ausgesproc­hen wurden“, sagt Nauhauser. Sollte er recht haben, würde sich der rechtmäßig­e Zeitpunkt der Kündigung um einige Jahre verschiebe­n – dadurch könnten betroffene Bausparer möglicherw­eise doch noch hohe Guthabenzi­nsen einstreich­en.

Der Chef der Landesbaus­parkasse (LBS) Südwest, Tilmann Hesselbart­h, zeigt wenig Verständni­s für das Vorgehen der Verbrauche­rschützer: „Ein BGH-Urteil sollte man akzeptiere­n.“Er räumt ein, dass sich die für die Kündigung relevante Zeitachse „möglicherw­eise in Einzelfäll­en bei bestimmten Bonustarif­en verschiebe­n“könnte. Der Anteil der Bonustarif­e bei der LBS Südwest liegt den Angaben zufolge bei 20 Prozent. „In der Regel fällt bei unseren Bonustarif­en die Zuteilungs­reife mit dem Bonusanspr­uch zusammen, daher verändert sich bei ihnen gar nichts – diese Verträge sind zehn Jahre nach Zuteilungs­reife kündbar“, sagt Hesselbart­h.

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