Rheinische Post Krefeld Kempen
Memoriam-Garten auf dem Friedhof
Ein Vogelhäuschen, Gießkannen als Zierde und sanft geschwungene Wege – untypisch für einen Ort, wo Menschen die letzte Ruhe finden. Friedhofsgärtner haben spezielle Bereiche auf Friedhöfen entwickelt.
Eine hohe Leiter lehnt an einem Baumstamm auf dem Friedhof. Alte Gießkannen aus Blech stehen inmitten von Blumen. Geschwungene Wege führen an Grabstätten vorbei, Besucher können auf Sitzbänken ausruhen und innehalten. Die Lage der Gräber, Wege und Bäume – alle sind Teil des Memoriam-Gartens, einem von Gärtnern betreuten Grabfeld.
Hier wartet nicht blanke Erde auf die Toten, sondern in bepflanzten Beeten wird Platz gemacht, wenn es soweit ist. „Die Anlage ist von Anfang an gestaltet und fertig“, erzählt Alfred Luchten. Der 50 Jahre alte Friedhofsgärtner hat die parkähnliche Anlage auf einem Teil des Düsseldorfer Südfriedhofs mitentworfen. Die Abteilungen haben poetische Namen wie „Garten der Farben“oder „Fluss des Lebens“, wo Kiesel und blaue Glassteine liegen.
Das 2000 Quadratmeter große Areal ist eine Absage an die übliche strenge Friedhofssatzung. Hier gibt es keine geraden Wege und keine abgezirkelten Reihengräber. Und das Konzept kommt an. Denn dieser Teil des Friedhofs ist erst vor gut einem Jahr eröffnet worden, aber von den 700 Gräbern ist schon mehr als jedes zehnte vergeben.
Der erste Memoriam-Garten wurde 2010 in Duisburg eröffnet. Inzwischen gibt es bundesweit 65 solcher Anlagen zwischen Augsburg, Berlin und Bonn, regelmäßig kommen neue dazu. Initiatoren sind immer Friedhofsgärtner, die langjährige Pflegeverträge abschließen und den parkähnlichen Bereich mit den Gräbern bepflanzen und sich kümmern. Hier gibt es keine anonymen Bestattungen, keine streng isolierten Gräber und Nutzung nur zusammen mit Vereinbarung grabpflege.
Die Friedhofsgärtner sehen darin ein Angebot, das Vorteile für beide Seiten hat: Denn viele Menschen wollten sicher sein, einen gepflegten Ort als letzte Ruhestätte zu haben, berichtet Alfred Luchten. Andererseits wohnen Angehörige oft weit weg und können die Grabpflege nicht übernehmen. Die Gärtner, deren Geschäft unter dem Trend zu möglichst pflegeleichten Gräbern leidet, haben mit den von ihnen betreuten Grabanlagen eine neue Einnahmequelle erschlossen.
„Es ist ein Konzept dagegen, dass Friedhöfe immer leerer werden“, sagt Alexander Helbach, Sprecher von Aeternitas
einer
Dauer- in Königswinter, einer Verbraucherberatung für Bestattungsfragen. Denn durch den Trend zu kleinen Urnengrä-
Alfred Luchten bern oder anonymen Bestattungen sind große Bereiche ungenutzt.
Nicht alle sind im Memoriam-Garten wegen der Trauer. „Die Leute kommen auch zum Entspannen“, sagt Friedhofsgärtner Luchten. „Sie sitzen eine halbe Stunde da, gucken, genießen und gehen wieder.“Manche Grabsteine stehen noch zur Zierde in den Beeten. Auf anderen sind Namen und Geburtstag eingraviert, aber noch kein Sterbedatum. Diese Menschen haben sich den Ort ihrer ewigen Ruhe schon ausgesucht. Lokalpatrioten können ein Urnengrab mit Motiven aus der Stadt wählen.
Einen Hingucker hat der Gräber-Garten immer zu bieten: im Frühjahr eine Magnolie, Bäume mit knallrotem Herbstlaub oder einen Weinstock. Im Sommer blühen Rosen, Lavendel, Salbei und Sonnenhut. Auch ein Wildbienenhotel hat hier seinen Platz – ebenso ein Vogelhäuschen.
„Manche kommen zum Entspannen. Sie sitzen eine halbe
Stunde da und gehen dann wieder“
Friedhofsgärtner