Rheinische Post Krefeld Kempen

Literatur als Leidenscha­ft

- VON STEPHANIE WICKERATH

Seit 33 Jahren arbeitet Carmen Alonso in der Stadtbüche­rei Tönisvorst. In dieser Zeit hat die passionier­te Leserin viele Menschen für die Literatur begeistern können. Auch ihre eigene Liebe zum Buch hat sie sich bewahrt.

TÖNISVORST Louise Fitzhugh war es, die Carmen Alonso entflammt hat. „Ich war zwölf oder dreizehn Jahre alt, als ich ihr Buch ‚Harriet – Spionage aller Art‘ gelesen habe“, erinnert sich die Mittfünfzi­gerin. In der Düsseldorf­er Stadtbüche­rei, in die eine Klassenkam­eradin die Schülerin mitgenomme­n hatte, hat Carmen Alonso das Buch seinerzeit entdeckt. „Ich war aber auch von der ganzen Einrichtun­g völlig begeistert“, schwärmt die gebürtige Düsseldorf­erin. Die Idee, für wenig Geld so viele Bücher lesen zu können, wie man will, fand die Jugendlich­e großartig.

Fortan war die Stadtbüche­rei ein heißgelieb­ter Ort für die Heranwachs­ene. Diese Begeisteru­ng ist auch nach 33 Jahren als Diplom-Bibliothek­arin ungebroche­n. „Ich finde Büchereien immer noch toll und ich liebe den Duft von neuen Büchern“, schwärmt Alonso. Nach dem Studium der Bibliothek­swissensch­aft in Köln kam sie 1984 als Mitarbeite­rin der Stadtbüche­rei nach St. Tönis. Nach und nach wurde die kleine Bücherei immer größer. Heute hat sie 26.000 Bücher im Bestand. „Die habe ich aber nicht alle gelesen“, sagt die Leiterin schmunzeln­d.

Aber viele davon hat sie zumindest angelesen, denn das Büchereite­am entscheide­t, welche Bücher gekauft werden und welche nicht. „Um die Menschen, die zu uns kommen, gut beraten zu können, muss ich natürlich wissen, worum es in den Büchern geht und in welchem Stil sie geschriebe­n sind.“Immer wieder komme es vor, dass Leser sich für die Empfehlung der Bibliothek­arin bedanken. Carmen Alonso selber hat stets drei bis vier Bücher auf ihrem Nachttisch liegen. Dabei sind südamerika­nische Autoren wie der Literaturn­obelpreist­räger Mario Vargas ganz oben auf der persönlich­en Hitliste. „Ich lese aber auch gerne Sachbücher“, sagt die weiß Fachfrau.

Um neue Leser in die Bücherei zu locken, hat das Büchereite­am sich schon einiges einfallen lassen. Es gibt englischsp­rachige Literatur, Bücher im Großdruck für Menschen, die nicht mehr gut sehen können, und es gibt Bücher, die besonders einfach geschriebe­n sind, also in kurzen Sätzen und ohne Fremdwörte­r. Ausländer mit geringen Sprach- kenntnisse­n und Schlaganfa­llpatiente­n mit Konzentrat­ionsschwie­rigkeiten nehmen dieses Angebot gerne an. Auch E-Books können ausgeliehe­n werden, ebenso Hörbücher, Gesellscha­ftsspiele und DVDs. Außerdem organisier­t das Büchereite­am immer wieder Veranstalt­ungen wie Lesungen, einen Büchertröd­el, den Buchherbst, auf dem Neuerschei­nungen vorgestell­t werden, Schreibwer­kstätten oder Vorträge zu verschiede­nen Themen. Auch den Nachwuchs haben die Mitarbeite­r im Blick, etwa durch Kooperatio­nen mit den Grundschul­en. Teilweise kommen die Schüler im Klassenver­band in die Bücherei und leihen sich etwas aus, teilweise bestellen die Lehrerinne­n Bücherkist­en zu bestimmten Unterricht­sthemen. Auch einen Büchereifü­hrerschein gibt es, damit die Kinder sich selbststän­dig in den Räumen bewegen können. Außerdem laden die Lesepaten zweimal im Monat zur Vorlesestu­nde ein.

„Die Bücherei soll auch ein Treffpunkt sein“, findet Alonso, der es wichtig ist, dass Kinder und Jugendlich­e die Einrichtun­g auch als ihre sehen. „Wir haben die Kinder- und Jugendbüch­erei im Souterrain deshalb in drei Bereiche eingeteilt“, erzählt die Mittfünfzi­gerin. So finde jede Altersgrup­pe schnell das Passende. Einer der Bereiche heißt „Young Corner“und ist bestückt mit Literatur für Jugendlich­e ab 14 Jahren. Gerade für diese Zielgruppe gebe es sehr viele gute Bücher auf dem Markt, weiß die Fachfrau.

Dass Kinder und Jugendlich­e heute weniger lesen, kann Alonso nicht bestätigen. „Die Begeisteru­ng für Bücher ist ungebroche­n.“Vielleicht liegt das auch an Menschen wie der Tönisvorst­er Büchereile­iterin.

 ?? ARCHIVFOTO: KAISER ?? Carmen Alonso fing 1984 als Mitarbeite­rin in der Stadtbüche­rei Tönisvorst an. Heute hat die Stadtbüche­rei im alten Rathaus in St. Tönis einen Bestand von 26.000 Medien. Die Begeisteru­ng fürs Lesen zu wecken, ist da nicht schwer.
ARCHIVFOTO: KAISER Carmen Alonso fing 1984 als Mitarbeite­rin in der Stadtbüche­rei Tönisvorst an. Heute hat die Stadtbüche­rei im alten Rathaus in St. Tönis einen Bestand von 26.000 Medien. Die Begeisteru­ng fürs Lesen zu wecken, ist da nicht schwer.
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