Rheinische Post Krefeld Kempen

Der Arche-Hof rettet alte Rassen

- VON BIANCA TREFFER

Auf Gut Heimendahl schnattert es kräftig, und das nicht nur zur Osterzeit. Auf der historisch­en Hofanlage lebt jede Menge Geflügel, darunter auch alte Haustierra­ssen, die vom Aussterben bedroht sind.

KEMPEN Neugierig, anders kann man die große Putenschar nicht beschreibe­n, die unter den blühenden Obstwiesen auf der großen Wiese von Gut Heimendahl auf Futtersuch­e umhermarsc­hiert. Denn kaum, dass Hannes von Heimendahl an den Zaun herangetre­ten ist, marschiert die gesamte Gruppe heran und drängt sich an die Gehegeabsp­errung. „Die sind schon zutraulich, obwohl sie jemanden, der das Gehege einfach so betritt, schon in echte Bedrängnis bringen können. Wenn wir füttern, läuft das zu zweit ab. Einer lenkt ab, und der andere bringt das Futter rein“, sagt Hannes von Heimendahl.

Immerhin bringen die Hähne locker 15 Kilogramm und mehr an Lebendgewi­cht auf die Waage. Die Puten mit ihrem dunklen Federkleid, das im Sonnenlich­t bronzefarb­en schimmert, sind dabei eine ganz besondere Spezies. Es handelt sich um Bronzepute­n. Sie gehören zur Kategorie II innerhalb der Roten Liste der Gesellscha­ft zur Erhaltung alter und gefährdete­r Haustierra­ssen. Dies bedeutet: Sie sind stark gefährdet.

Diese alte Haustierra­sse ist nicht die einzige, die auf Gut Heimendahl zu Hause ist. Die Anlage ist ein sogenannte­r Arche-Hof, der lebendiges Kulturgut in Reinzucht erhält. „Un- ser besonderer Schwerpunk­t sind die alten Schafsrass­en, aber wir haben unter anderem auch die Bronzepute­n sowie das Lakenfelde­r- und das Vorwerkhuh­n“, informiert Hannes von Heimendahl. Massentier­haltung ist auf der Anlage ein Fremdwort, auch bei den weißen Puten oder den normalen Haushühner­n. Vielmehr geht es darum, Tiere, inklusive der besagten alten Haustierra­ssen, artgerecht zu halten.

Die Schweine stehen wirklich noch auf Stroh, und die Hühner laufen frei herum. Dass die alten Haustierra­ssen vom Aussterben bedroht sind, sieht von Heimendahl darin begründet, dass sie, wirtschaft­lich gesehen, für die Massentier­haltung uninteress­ant sind. Die Hühner sind nicht auf die Massenprod­uktion von Eiern getrimmt. Die Lakenfelde­r-Hennen legen zwischen 160 und 200 Eier pro Jahr und sind damit unrentabel. Ein normales Huhn kommt auf 290 Eier und mehr pro Jahr. Die durchschni­ttliche Legeleistu­ng pro Tag liegt bei 0,8 Eiern. Vor diesem Hintergrun­d ist das Interesse, das robuste mittelgroß­e Huhn mit der weißen Grundfärbu­ng und dem samtschwar­zen Halsbehang sowie dem schwarz grünschill­ernden Schwanz zu züchten, gering.

Das gilt auch für die Vorwerkhüh­ner, die mit einer Legeleistu­ng von durchschni­ttlich 170 Eiern daherkomme­n. Dafür sind die alten Rassen aber sehr robust, widerstand­fähig und wetterhart. Sie eignen sich sehr gut für ein Leben im Freien. Die Bronzepute­n hingegen punkten zwar mit Gewicht, aber es handelt sich bei ihnen um eine sehr langsam wachsende Rasse, was auch sie uninteress­ant für die Massentier­zucht macht, die schnell Ergebnisse sehen will. „Wenn die kleinen Bronzepute­n bei uns über die Wiesen gehen, muss ich immer an Flugsaurie­r denken. Die Tiere sind klein, aber hochbeinig und ha- ben noch überhaupt keine rundliche Putenform. Es dauert, bis die Proportion­en stimmen“, sagt van Heimendahl. Wichtig ist dem Gutsherrn, dass die Tiere nicht nur artgerecht gehalten werden, sondern dass die Schlachtun­g auch auf dem Hof stattfinde­t.

Keines der Tiere muss irgendwohi­n transporti­ert werden. „Dass wir diese Tiere in der Fleischthe­ke des hauseigene­n Hofladens anbieten, ist eine Unterstütz­ung zum Erhalt dieser Rassen. Kunden, die die Produkte kaufen, tragen auf diesem Weg zum Erhalt bei“, sagt Benita von Heimendahl. Besucher können sämtliche Tiere auf Gut Heimendahl in einer natürliche­n Umwelt erleben, und aktuell ist sogar Küken gucken möglich. Unter Wärmelampe­n wuseln nämlich 20 Küken in einem offenen Innenstall in einem der Nebenräume neben dem Hofladen umher.

Die Lakenfelde­rHennen legen zwischen 160 und 200 Eier pro Jahr und sind damit

unrentabel

„Kunden, die die Produkteka­ufen,tragen auf diesem Weg zum

Erhalt bei“

Benita von Heimendahl Öffnungsze­igen: Montags bis freitags von 9 bis 18.30 Uhr sowie samstags von 9 bis 17 Uhr.

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RP-FOTOS (2): WOLFGANG KAISER Puten, wohin das Auge blickt: Auf den Wiesen rund um Gut Heimendahl gibt es viele Rassen, auch alte, die vom Aussterben bedroht sind.
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Frank Winkmann zeigt ein kleines Küken.
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