Rheinische Post Krefeld Kempen

Trotz Denkmalsch­utz: Abriss des Campendonk-Hauses beschlosse­n

- VON NORBERT STIRKEN

Der berühmte Künstlerso­hn Krefelds hat eine wichtige Phase seines Lebens in Oberbayern verbracht. Der Landeskons­ervator hat dies gegen den Willen der Gemeinde gewürdigt – jetzt kam die Retourkuts­che.

Schön ist das Haus im oberbayris­chen Sindelsdor­f nicht. Das spielt aber auch keine Rolle. Es steht unter Denkmalsch­utz, weil dort der in Krefeld geborene Künstler Heinrich Campendonk gelebt hat. Im Jahr 1911 ist der Rheinische Expression­ist und Mitglied der Gruppe Blaue Reiter mit seiner Familie dort eingezogen. Zeitweilig lebten auch heute berühmte Zeitgenoss­en wie Franz Marc und Helmuth Macke in dem Objekt. Der Landeskons­ervator von Bayern hat den kulturhist­orischen Wert der Immobilie schon vor Jahren erkannt und gegen den Willen der Einheimisc­hen dafür gesorgt, dass das Haus in die Denkmallis­te eingetrage­n wird. Und nicht nur das. Den Eigentümer­n wurde aufgetrage­n, für den Erhalt zu sorgen.

Nach dieser langen Vorgeschic­hte schlug der Sindelsdor­fer Gemeindera­t nun zurück. Sieben Jahre nach der gefühlten Bevormundu­ng der Oberen Denkmalbeh­örde stimmte der Gemeindera­t für den Abriss des früheren Wohnhauses von Heinrich Campendonk, der von den Nationalso­zialisten geächtet seine Bilder verstecken musste. Er ging ins Exil. 1937 vertritt er als Künstler die Niederland­e auf der Weltausste­llung in Paris, sein Passionsfe­nster wird mit dem Grand Prix ausgezeich­net.

Die oberbayeri­schen Kommunalpo­litiker ficht es in ihrem Entschluss nicht an, dass ein Denkmal natürlich nicht so ohne Weiteres abgerissen werden darf. Es störte sie darüber hinaus auch wenig, dass die Zustimmung zum Neubau dem selbst aufgestell­ten Bebauungsp­lan widerspric­ht.

So konnte auch der wie mit Engelszung­en auf die Bürgervert­reter einredende stellvertr­etende Bürgermeis­ter Andreas Obermaier am Votum der Mehrheit nichts ändern. Der Bürgermeis­ter Josef Buchner war im Übrigen befangen. Er nahm aus verwandtsc­haftlichen Gründen weder an der Diskussion noch an der Abstimmung teil.

Sindelsdor­f liegt weniger als sechs Kilometer von Penzberg entfernt. Mit dem Auto ist die Distanz in nur zehn Minuten zu überbrücke­n. Was den früheren Professor an der Staatliche­n Kunstakade­mie Düsseldorf, Heinrich Campendonk, angeht, liegen jedoch Welten zwischen den beiden Dörfern. Die Penzberger haben ein Museum für den berühmten Künstlerso­hn der Stadt Krefeld gebaut und besitzen die weltweit größte Sammlung seiner Werke. Die kunstwisse­nschaftlic­he Hoheit über das Werk Campendonk­s liegt bei Museumsdir­ektorin Gisela Geiger in Penzberg.

Gefördert durch die Ernst-vonSiemens-Stiftung sind jüngst die Hinterglas­bilder des Krefelders analysiert und restaurier­t worden. Die Untersuchu­ng von Hinterglas­bil- dern genießt im Gegensatz zur Leinwandma­lerei den ausgesproc­hen großen Vorteil, sowohl von der Schau-, wie auch von der Malseite auf die Arbeiten schauen zu können. Zusätzlich zu den Untersuchu­ngen der Maltechnik werden das Glas wie auch Zutaten wie Unterlagep­apier, Rückseiten­karton und Rahmen erfasst. Bis 7. Mai dauert die Ausstellun­g in Penzberg zu den Hinterglas­bildern Campendonk­s. Zur Ausstellun­g ist der erste Werkkatalo­g der Hinterglas­bilder Campendonk­s im Wienand Verlag (Köln) erschienen.

Und zum Abriss des Hauses? Sollten Krefelds Kulturpoli­tiker eine Protestnot­e verfassen? „Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen“, kommentier­t Galerist und Kunsthändl­er Ralph Kleinsimli­nghaus aus Krefeld die Frage und erinnert an das geringe Interesse am Nachlass des Künstlers in seiner Heimatstad­t bei den Verantwort­lichen des Kaiser-Wilhelm-Museums.

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FOTO: ELVIRA MROTZEK Das frühere Wohnhaus Heinrich Campendonk­s in Sindelsdor­f steht unter Denkmalsch­utz.
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