Rheinische Post Krefeld Kempen
Die Diamanten von Nizza
Schließlich fand Sam einen Umschlag mit einem Korkenzieher und einer Notiz auf Fitz’ Briefpapier, die aus zwei Worten bestand: „Zum Wohl!“Er rief umgehend Kathy an. Er bedankte sich überschwänglich, und sie war begeistert, dass er so begeistert war. So endete das Gespräch mit dem Versprechen, sich zu treffen, sobald Sam und Elena Zeit hatten. Doch in der Zwischenzeit galt es, das Mittagessen vorzubereiten.
Sam begann draußen im Freien, er schmückte den kleinen Tisch auf der Terrasse, mit den Accessoires, die er sich im Le Pharo ausgeliehen hatte: eine dicke Leinentischdecke nebst passenden Servietten, Kristallgläser, Silberbesteck und edles Porzellan. Den Strauß weißer Rosen, den er in Marseille gekauft hatte, stellte er in die Mitte des festlich gedeckten Tisches. Er trat einen Schritt zurück und bewunderte gerade sein Werk, als er das Rattern von Alphonses Lieferwagen hörte. Der Küchenchef stieg aus und eilte geschäftig zur Tafel, um diverse kleine Veränderungen vorzunehmen. „ Voilà – jetzt ist alles perfekt“, sagte er zu Sam. „Kommen Sie!“
Er öffnete die Heckklappe des Wagens, reichte Sam ein großes Tablett und begann es zu beladen. Er stellte eine kleine Terrine und ein verschlossenes Behältnis mit Melonensuppe, ein Glas mit Schraubverschluss, das die Weinsauce enthielt, und eine Tortenplatte mit Deckel darauf, unter dem sich die Schokoladentarte befand.
„Steak und Salat wollten Sie ja selber zubereiten, richtig? Hier – die werden Sie brauchen.“
Und mit diesen Worten band er Sam eine lange, frisch gestärkte Schürze um.
In der Küche gab er Sam strikte und detaillierte Anweisungen bezüglich der Präsentation der Suppe und Tipps für das Erhitzen und Anrichten der Rotweinsauce, bevor er ihm bon appétit wünschte und in seine eigene Küche zurückeilte.
Sam blickte auf seine Uhr. Er war erleichtert, dass er Olivier, Rebouls Chauffeur, gebeten hatte, Elena herüberzubringen. Er benötigte die zusätzliche Zeit für den letzten Schliff; außerdem sollte ihr Blick zuerst auf ihn mit Küchenschürze fallen. Hätte er sich vielleicht doch die Kochmütze ausleihen sollen? Besser nicht. Mit Hüten konnte man bei Elena kaum Eindruck schinden.
Pünktlich um halb eins traf sie ein. Sam, der ihre Ankunft vom Küchenfenster aus beobachtete, sah, wie sie aus dem Wagen stieg und sich mit verwunderter Miene umschaute. Er strich seine Schürze glatt, stellte zwei Gläser Champagner auf ein kleines Silbertablett und ging hinaus, um sie in Empfang zu nehmen.
Als sie ihn sah, änderte sich ihre Miene und machte belustigter Ungläubigkeit Platz. „Oh, ich hatte Mr Levitt erwartet. Sind Sie neu hier?“
„Nur die Aushilfe, Madame. Nur die Aushilfe. Champagner gefällig?“
Sie stießen miteinander an. „Will- kommen zu Hause“, sagte Sam.
Elena lächelte. „Schön, wieder hier zu sein.“
Danach war es, als wäre Elena wieder ganz die Alte. Sie bewunderte die Tischdekoration, fand die eisgekühlte Suppe köstlich und war zutiefst beeindruckt, wie Sam mit Steaks und Weinsauce hantierte. „Die Schürze steht dir“, sagte sie. „Solltest du öfter tragen.“
„Ich muss zugeben, das war nicht allein mein Werk. Alphonse ist mir zur Hand gegangen. Genauer gesagt, es ist ihm gelungen, den nächsten Gang ganz ohne meine Hilfe zuzubereiten.“
Auf die Schokoladentarte folgte der Kaffee, und Sam hatte das Gefühl, sich nun seiner Schürze entledigen zu können. „Haben Sie noch einen Wunsch, Madame?“
Elena sah ihn einen Moment schweigend an, dann zwinkerte sie ihm zu – ein langsames, einladendes Zwinkern. „Wie wär’s mit einer Siesta?“(Ende)