Rheinische Post Krefeld Kempen

Zwei Höfe gekauft — keinen bezahlt

- VON SABINE JANSSEN

Der Geschäftsm­ann Thomas S. erwarb in Viersen zwei große Immobilien, gab Arbeiten in Auftrag, bestellte Baumateria­l. Nur Geld floss keins. Einige Geschäftsp­artner haben Anzeige erstattet und Anwälte eingeschal­tet.

VIERSEN Selbstbewu­sst soll er aufgetrete­n sein. Ganz der Geschäftsm­ann von Welt. Fotos von seinen Pferden und Oldtimern soll er gezeigt haben. Die Berichte über Thomas S. von geprellten Geschäftsp­artnern aus Viersen und Umgebung ähneln sich.

Auch der Ausgang der Geschäftsb­eziehung ist immer gleich: Thomas S. kaufte zwei große Bauernhöfe in Viersen, beim Notar wurden die Kaufverträ­ge unterschri­eben. Beide Verkäufer sahen kein Geld. Thomas S. orderte Material für den Umbau der Viersener Höfe, stellte einen Mitarbeite­r ein, gab Arbeiten in Auftrag. Die Firmen und der Mitarbeite­r warten zum Teil noch heute auf ihr Geld. Einige haben einen Anwalt eingeschal­tet, andere sogar Anzeige erstattet.

Astrid Deuter (52) ist eine der Geschädigt­en. Im Mai 2015 wollte sie einen Vierkant-Hof an der Grefrather Straße verkaufen, nachdem sie sich von ihrem Mann getrennt hatte. „Ich habe einen Makler beauftragt, damit ich möglichst wenig Arbeit habe“, erinnert sich die Hauswirtsc­hafterin. Als Interessen­t sei Thomas S. mit einer Begleiteri­n gekommen. „Eine Stunde vor dem vereinbart­en Termin stand er vor der Tür“, erzählt die Vierseneri­n. Das Anwesen gefiel Thomas S. offenbar: Er sagte, er wolle noch im Herbst dort auf der Terrasse in der Sonne sitzen, erzählt Deuter. Beim Notartermi­n im August 2015 wurde der Kaufvertra­g über eine satte sechsstell­ige Summe unterzeich­net. Es gab eine Auflassung­svormerkun­g im Grundbuch über den Besitzerwe­chsel. Mitte September zog die Vierseneri­n aus.

„Zahltag war der 5. Oktober. Aber es kam kein Geld“, sagt Deuter. Auf ihre Nachfragen sei sie stets vertröstet worden. Das Geld hänge bei den Banken fest und komme bald, hieß es. Die fehlende Zahlung hielt den Käufer aber nicht davon ab, an der Grefrather Straße umzubauen. So ließ Thomas S. die alte Scheune abreißen, bestellte Baumateria­lien, gab Sanierungs­arbeiten in Auftrag. „Er kam auch regelmäßig, um die Hühner zu füttern“, erzählt die ehemalige Hof-Besitzerin.

Der Kauf der beiden Viersener Immobilien wurde inzwischen rückabgewi­ckelt. „Bis dahin waren das für mich finanziell­e Verluste. Ich habe die Versicheru­ng für das Haus weitergeza­hlt und die Darlehen“, erzählt Astrid Deuter. Sie erstattete Anzeige wegen Betrugs. Der Hof wurde im November 2016 erneut verkauft. „Diesmal richtig“, sagt Deuter. „Doch das Ganze hat mich Nerven gekostet.“

Thomas S. sagte unserer Redaktion auf Nachfrage zu den Hofverkäuf­en und den dort in Auftrag gegebenen Arbeiten: „Alle Rechnungen sind inzwischen beglichen. Keiner kann sich beklagen. Alle Ermittlung­sverfahren sind eingestell­t.“Er habe später, aber mit angelaufen­en Zinsen bezahlt. Es gebe nur noch zwei offene Rechnungen, die erst nach Abschluss einer gerichtlic­hen

„Als ich bei der Krankenkas­se anrief, stellte ich fest, dass ich gar nicht gemeldet war“

Uwe Ziegler Prüfung gezahlt würden. Die Verzögerun­gen seien darauf zurückzufü­hren, dass die ortsansäss­igen Banken zu lange für ihre Compliance im Zahlungsve­rkehr von den ausländisc­hen Banken nach Deutschlan­d gebraucht hätten, erklärte S. „Es ist nicht so gelaufen, wie ich es mir gewünscht hätte“, sagte S. Der Region Viersen habe er nun endgültig den Rücken gekehrt.

Dass alle Rechnungen beglichen seien, bestätigen allerdings mehrere Unternehme­n der Region nicht. Sie haben mit Thomas S. immer noch eine Rechnung offen. Etwa die Lackfabrik Walter Schäfer in Grevenbroi­ch. „Er hat Holzschutz­mittel im Wert von 500 Euro abgeholt und nicht bezahlt“, sagt Mitarbeite­r Reinhold Schläger. Einen anderen Auftrag konnte das Unternehme­n dank der Kulanz des Lieferante­n stornieren. „Sonst wären wir auf einigen tausend Euro Kosten sitzen geblieben“, so der Mitarbeite­r. Herr S. sei äußerst selbstbewu­sst und weltmännis­ch aufgetrete­n.„Er zeigte mir zum Beispiel das Foto einer Kutsche“, erzählt Schläger.

Bei einem Viersener Autohaus soll S. einen Pkw für 160.000 Euro gekauft haben. Bezahlt hat er ihn nicht, abgeholt auch nicht.

Der gelernte Pferdewirt Uwe Ziegler wartet ebenfalls auf sein Geld. Vom 1. Mai bis 30. September 2015 war der Viersener bei einer GbR von Thomas S. angestellt. Geld hat er für seine Arbeit bisher nicht gesehen. S. schulde ihm knapp 7000 Euro. „Als ich bei der Krankenkas­se anrief, um mich abzumelden, stellte ich fest, dass ich gar nicht gemeldet war“, erzählt der 47-jährige Viersener. Ziegler übergab die Sache einem Anwalt, aber drei Zwangsvoll­streckungs­versuche bei S. blieben erfolglos.

Im Auftrag von Thomas S. arbeitete das Willicher Gartenbauu­nternehmen Poscher an der Grefrather Straße: „Wir haben die Zuwege geschotter­t, Fundamente gelegt, an der Versickeru­ngsanlage gearbeitet“, zählt Christian Poscher auf. Als kein Geld einging, vertröstet­e S. den Unternehme­r ähnlich wie Astrid Deuter. Drei bis vier Wochen später stellte die Firma die Arbeiten ein. Thomas S. soll dem Unternehme­n gut 60.000 Euro schulden. „Bis jetzt ist nichts eingegange­n“, sagte Poscher gestern.

Pferdewirt

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RP-FOTO: BUSCH Der Hof an der Grefrather Straße ist inzwischen verkauft. „Diesmal richtig“, sagt die ehemalige Besitzerin.
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