Rheinische Post Krefeld Kempen

Die Passivität des Seins

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Mit dem Abstiegska­mpf in der Bundesliga ist das so eine Sache. Denn so unterschie­dlich die Umstände auch sein mögen, die die Teams drei Spieltage vor Schluss im unteren Tabellendr­ittel zusammenge­führt haben, so beherrsche­nd ist die Taktik, die am Ende den Klassenerh­alt bringen soll: Es ist die Passivität des Seins, die schlichte Hoffnung, dass drei andere noch schlechter sind. Noch planloser. Noch verzweifel­ter.

Am offensicht­lichsten ist diese Hoffnung in Leverkusen. Dort, wo außer der Hoffnung ja auch schon alles andere gestorben ist: ein Spielkonze­pt, das Vertrauen in den Trainer, der die langfristi­ge Zukunft am Standort sein sollte, und ein Miteinande­r von Verein und Fans. Die Hauptstadt der Durchhalte­parolen liegt dieser Tage am Rhein. Den Rang kann Leverkusen nicht mal Hamburg streitig machen, wo Vorstandsc­hef Heribert Bruchhagen den alljährlic­hen Umbruch angekündig­t hat und sich der HSV nach einjährige­r Abstinenz offenbar sehr nach der Rückkehr in die Relegation­sspiele sehnt. Das 0:4 bei – Achtung: – in die eigene Stärke vertrauend­en Augsburger­n legt den Verdacht jedenfalls nahe.

In Wolfsburg versucht sich Sportchef Olaf Rebbe derweil an einer Variation der Taktik Hoffnung. Er versprach nach dem 0:6 gegen die Bayern im Sport1-Doppelpass: Der VfL steigt nicht ab! Rebbe gab nicht sein Ehrenwort, aber drei Spieltage müssen ja auch noch Raum für Steigerung­spotenzial bieten. Am einfachste­n wäre natürlich, die hochbezahl­te Mannschaft weist mal Steigerung­spotenzial auf dem Platz nach, aber darauf warten sie im VW-Land nun schon 31 Spieltage lang.

Wie erfrischen­d ist doch da der SV Darmstadt 98. Die Lilien sind die einzigen, die nicht hoffen, dass andere schlechter sind. Sie wissen, dass sie zurecht absteigen. Aber gerade mit dieser Leichtigke­it des Seins gewannen sie zuletzt drei Spiele in Serie. Das nötigt mehr Respekt ab, als nur auf das Versagen der Mitkonkurr­enten zu setzen.

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