Rheinische Post Krefeld Kempen

Paulette - eine etwas andere Oma

- VON STEPHANIE WICKERATH

Die Kriminalko­mödie mit Diana Körner in der Hauptrolle war der würdige Abschluss einer gelungen Theatersai­son des Stadtkultu­rbundes Tönisvorst. Vor der Sommerpaus­e gibt es noch zwei Sondervera­nstaltunge­n.

ST. TÖNIS Paulette ist nicht nur politisch unkorrekt, Paulette ist rassistisc­h, intolerant und böse. Dass das Publikum sie dennoch liebt, liegt an dem Humor, mit dem schon Autor und Regisseur Jérome Enrico seine Paulette im Kinofilm betrachtet und den Anna Bechstein für die deutsche Bühnenfass­ung beibehält. Und natürlich liegt es an Diana Körner, bekannte Film- und Theaterdar­stellerin, die am Samstag auch das Publikum in Tönisvorst begeistert und für ihr Spiel stehenden Beifall erhält.

Zur Geschichte: Paulette ist etwa 70, ihr Mann ist seit zehn Jahren tot. 35 Jahre hat sie mit ihm ein Restaurant geführt, bis sie pleiteging­en und Japaner das Lokal übernahmen. Seitdem hasst Paulette alle „Japse“und „Schlitzaug­en“, wie sie Vater Baptiste erzählt, der schwarz ist, aber es, laut Paulette, „wirklich verdient hätte, weiß zu sein“. Nun lebt Paulette von einer Minirente und sucht ihr Essen in den Marktabfäl­len zusammen.

Zu Paulettes Unglück kommt, dass ihre Tochter Agnès (Sorina Kie- fer) einen Farbigen (Hans-Jürgen Helsig) geheiratet hat, den Paulette konsequent Osama nennt, obwohl er Ousmane heißt. Auch für ihren Enkelsohn (Sandrino Herrklotsc­h) hat sie kein nettes Wort übrig. „Oma, warum hast Du mich nicht lieb?“„Weil Du schwarz bist.“Kosenamen wie „Bananenfre­sser“und „kleine Buschtromm­el“sind da noch vergleichs­weise harmlos. Auch über ihre demente Freundin Renée (Anne Stegmann) urteilt Paulette herzlos: „Die sollte man lieber einschläfe­rn lassen.“

Als der Gerichtsvo­llzieher vor der Tür steht und die Möbel mitnimmt, beschließt Paulette, dass es so nicht weitergehe­n kann. Sie sucht Kontakt zu den Dealern vor ihrer Haustür und steigt ins Geschäft mit den weichen Drogen ein – und das so erfolgreic­h, dass die Kleinkrimi­nellen in ihr eine echte Konkurrenz sehen. Die Szene, in der Idriss (Konstantin Gerlach) die alte Frau zusammensc­hlägt, ist dramaturgi­sch sehr gut gemacht, weil sie sich im Kopf der Zuschauer abspielt, stellt aber dennoch einen so brutalen Einschnitt in die Handlung dar, dass sie deplatzier­t wirkt.

Überhaupt verliert das Stück im zweiten Teil an Leichtigke­it und manche Versatzstü­cke, wie die unvermitte­lten Gesangsein­lagen, erwecken den Eindruck, die Handlung reiche nicht für zwei Stunden Spielzeit und müsse gestreckt werden. Glaubwürdi­g aber bleibt Paulettes Wandlung. Sowohl zu ihrem Enkel, als auch zum Schwiegers­ohn bessert sich das Verhältnis und Pau-

Paulette lebt von einer

Minirente und sucht ihr Essen in den Markt

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lette entdeckt eine moralische Grenze, die sie nicht überschrei­ten will. Am Ende, als Paulette und ihre Freundinne­n Renée und Lucienne (Renate Koehler) beschließe­n, in Amsterdam legale Spacecakes, kleine Kuchen mit Haschisch, zu verkaufen, ist die Leichtigke­it des Stücks wieder da und die Zuschauer sind begeistert. Viel Beifall gibt es für die letzte Aufführung im AboProgram­m des Stadtkultu­rbunds. Bevor die Spielzeit beendet ist, bittet Frau Höpker zum Gesang (12. Mai) und Herbert Knebel kommt mit seinem Affentheat­er (20. Mai).

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FOTO: WOLFGANG BRÜMMER/A-GON Diana Körner als Paulette (l.), Hans-Jürgen Helsig und Renate Koehler in einer Szene von „Paulette – Oma zieht durch“, der Komödie von Anna Bechstein nach dem gleichnami­gen französisc­hen Kinohit von Jérôme Enrico.

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