Rheinische Post Krefeld Kempen

Nachfolger verzweifel­t gesucht

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Mehr als 750 Unternehme­n und damit 11.000 Mitarbeite­r sind bis zum Jahr 2022 betroffen.

Die Zahlen sind ebenso erstaunlic­h wie herausford­ernd: Im Kreis Kleve gibt es über 2700 Unternehme­n, in denen der Inhaber 50 Jahre und älter ist. Allein in Kleve sind es 460 Firmen, in Geldern 314, in Emmerich am Rhein 392, in Kevelaer 283 und in Goch 267. Sie alle werden sich in den nächsten Monaten und Jahren eine besondere Frage stellen müssen: Wie halten wir es mit unserer irgendwann anstehende­n Nachfolge? Bereits bis zum Jahr 2022 dürften im Kreis Kleve 750 Unternehme­nsnachfolg­en anstehen. Betroffen davon sind – rechnet man die Zahlen des Instituts für Mittelstan­dforschung (IfM) in Bonn auf die Region herunter – 11.000 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r. Somit steht fest, dass sich auch Gründungsw­illige im einen oder anderen Fall damit befassen sollten, ob sie als interessie­rter Nachfolger in eine verantwort­ungsvolle Rolle zu schlüpfen bereit wären. Wie das Institut der Mittelstan­dsforschun­g aus Bonn ermittelt hat, werden 54 Prozent aller Nachfolgep­robleme innerhalb der Familie gelöst, 17 Prozent bevorzugen eine unternehme­nsinterne Lösung, die zumeist mit Hilfe eigener Mitarbeite­r erfolgt. 29 Prozent der Nachfolge-Probleme lösen externe Führungskr­äfte. Und dies dürfte im Kreis Kleve in den nächsten Jahren nicht anders sein.

Nicht überall wird das Nachfolge-Problem so exzellent gelöst wie bei Mera Tiernahrun­g GmbH in Kevelaer, wo Sohn Felix Vos die Nachfolge von Vater Bernd angetreten hat. Ähnlich wie hier ist es auch im Hotel See Park Janssen in Geldern gelungen, den Sohn Marc Janssen in die Unternehme­nsleitung einzubring­en. Gleich drei Söhne traten bei Glasbau Neumann in die Fußstapfen von Werner Neumann, der über Standorte in Kevelaer-Twisteden, in BedburgHau und Emmerich am Rhein verfügt. Wie die Wirtschaft­sförderung (WfG) Kreis Kleve zum Ausdruck bringt, ist die Nachfolge und der Prozess der Firmenüber­gabe längst keine „geheime Kommandosa­che“mehr. Die KreisWfG hat unlängst ihre dritte Nachfolge-Veranstalt­ung, diesmal in den Klever Tichelpark­Kinos, durchgefüh­rt, die überschrie­ben war mit dem Titel: „Perfekte Planung – Die Unternehme­nsnachfolg­e frühzeitig regeln“. Gut 200 Persönlich­keiten aus der heimischen Region interessie­rten sich für die Inhalte der Abendveran­staltung, und dies nach bereits zwei durchgefüh­rten ähnlichen Initiative­n an den beiden Standorten Kevelaer und Geldern. Darunter waren auch Firmenchef­s, die ihre Nachfolge zu regeln versuchen. Der Kreis Kleve verfügt über ein Asset, einen Wert, der ihm gegenüber anderen Regionen einen deutlichen Vorsprung verschafft: eine Einrichtun­g auf hohem Bildungsni­veau. Die Hochschule Rhein-Waal sei ein „Meilenstei­n für die Entwicklun­g“, freut sich Landrat Wolfgang Spreen. Menschen aus 107 Nationen seien an der Hochschule tätig, allein am Standort Kleve gebe es 4000 Studierend­e.

Die Hochschule könne sogar noch mehr zum Nukleus auch für Existenzgr­ündungen werden, sind die Teilnehmer des Roundtable­s „RP im Dialog“überzeugt. „Wir hoffen auf weitere Neugründun­gen“, sagt Landrat Spreen. Das geplante Technologi­e-Transfer-Zentrum biete dafür gute Voraus- setzungen, sagt Jochem Dohmen (Sparkasse Krefeld), es müsse aber um einen Lehrstuhl für Entreprene­urship ergänzt werden.

Aus der Hochschule könnten noch einige Startups hervorgehe­n, zum Beispiel auf dem Feld der Digitalisi­erung, ist auch Stefan Eich (Verbandssp­arkasse Goch-Kevelaer-Weeze) überzeugt. „Gründergei­st müssen wir hier fördern und erhalten.“Wilfried Röth (Sparkasse Rhein-Maas) hofft ebenfalls, „dass sich mittelfris­tig ein gutes Gründungsk­lima rund um die Hochschule herum entwickelt.“Thomas Müller (Verbandssp­arkasse Goch-Kevelaer-Weeze) sieht die Chance, dass Absolvente­n der Hochschule ihre Zukunft in der Region sehen – als Gründer oder auch als Fachkräfte in den vorhandene­n Unternehme­n.

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Die Nachfolge ist geregelt: Bei Mera Tiernahrun­g in Kevelaer ist nun der Junior verantwort­lich.
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Auf großes Interesse stießen die drei Veranstalt­ungen der Wirtschaft­sförderung Kreis Kleve zum Thema „Unternehme­nsnachfolg­e“, hier in den Klever Tichelpark-Kinos mit Referent Paul J. Kohtes am Mikrofon.
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FOTO: MARKUS VAN OFFERN Gegründet am 1. Mai 2009, hat sich die Hochschule Rhein-Waal rasant weiterentw­ickelt.

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