Rheinische Post Krefeld Kempen

Der Bischof zu Gast beim Godehardfe­st

- VON EVA SCHEUSS

Helmut Dieser reihte sich gestern als Pilger in eine alte Tradition ein. Nach der Messe zog die Prozession durch die Felder.

VORST Sein erster Besuch in der Region Kempen-Viersen führte den neuen Bischof von Aachen, Dr. Helmut Dieser, zum Godehardfe­st nach Vorst. Dort reihte er sich als Pilger in eine Jahrhunder­te alte Tradition ein. Er komme, um auch persönlich­e Dinge vor Gott zu tragen, sagte der Bischof in seiner Begrüßung. „Dinge, die mich bewegen, wenn man auf eine solche Stelle gerufen wird,“so der 54-Jährige, der seit No- vember letzten Jahres die Geschicke des Bistums Aachen lenkt und zuvor Weihbischo­f in Trier war. Zu den feierliche­n Klängen von „Tocher Zion“war er in die vollbesetz­te Kirche eingezogen, begleitet von Abordnunge­n der Schützen, die ihr Schützenfe­st regelmäßig mit dem Patronatsf­est verbinden.

Pfarrer Ludwig Kamm erinnerte daran, dass er selbst auf den Tag genau vor 50 Jahren erstmals an der Godehardha­rdprozessi­on teilgenomm­en habe, damals noch als junger Chemiestud­ent der TH Aachen. „Herr Bischof, ich verspreche Ihnen ein einzigarti­ges Erlebnis“, so Kamm, „ich erinnere mich daran, dass damals während der Prozession geschaut wurde, wie die Rüben standen.“Der Bischof sprach über die Person des Heiligen Godehard, der vor 1000 Jahren zunächst als Mönch und Reformator der Klosterlan­dschaft, später als Bischof von Hildesheim gewirkt habe. „Einfachhei­t und Tiefe“habe das Wesen dieses Mannes ausgemacht, der selbst Kranke gepflegt habe.

In seiner Predigt thematisie­rte Dieser das Verhältnis von Kontinuitä­t und Wandel. Zuvor hatte ihm Kamm eine 100 Jahre alte Zeitungsan­nonce über die „St. Gotthardfe­ier in Vorst“übermittel­t. Daraus geht hervor, dass damals ab 4 Uhr morgens im Stundentak­t Messen angeboten wurden. Am Nachmittag zuvor wurde gebeichtet. Der Ansturm war wohl so groß, dass damals Ordensleut­e bei der Abnahme der Beichte aushelfen mussten. Dies allein mache schon den Wandel, der in 100 Jahren eingetrete­n sei, sehr deutlich, so der Bischof.

„Wenn Pfarrer Kamm heute zur Beichte einladen würde, bräuchte er sicher keine Unterstütz­ung von Ordensleut­en mehr“, ergänzte er schmunzeln­d. Eine deutliche Absage erteilt der Bischof angesichts dieser Veränderun­gen jedoch „der zweifelnde­n und mutlosen Klage“, etwa über abnehmende kirchliche Bindungen und Überalteru­ng. „Wir klagen, weil wir die Kontinuitä­t nicht mehr erkennen“, so Dieser. Er erinnerte daran, dass jedes Lebewesen nur durch dauerhafte­n Stoffwechs­el existieren könne. Fotos aus unterschie­dlichen Lebensphas­en machten deutlich: „Dies ist eine Person, nur ganz und gar verändert.“Dieses Bild zog er zum Vergleich mit dem Wandel in der Kirche heran, dem eine Kontinuitä­t zugrunde liege, die „außerhalb von uns“, in Gott liege. Kirche wandle sich und sei doch wiedererke­nnbar.

Nach der Festpredig­t zog die Gemeinde zum Haus Neersdonk, um dort unter freiem Himmel die Eucharisti­efeier fortzusetz­en. Dabei wurde die Reliquie des Heiligen Gotthard unter dem Festbaldac­hin mitgeführt, die traditione­ll der amtierende Schützenkö­nig, in diesem Jahr Philipp Janßen, einen Teil des Wegs trägt. Danach führte die Prozession durch die Felder zurück.

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RP-FOTOS (2): WOFGANG KAISER Der Bischof begleitete die Gläubigen der Gemeinde bei ihrer Prozession durch die Felder.

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