Rheinische Post Krefeld Kempen

Auktionsre­kord für Krefelder Künstler

- VON NORBERT STIRKEN

Für den Krefelder Künstler Albert Oehlen hätte das Jahr nicht besser beginnen können. Zuerst holte der wohl berühmtest­e Galerist der Welt und Nachlassve­rwalter von Andy Warhol, Larry Gagosian, den 62-Jährigen zu einer Einzelauss­tellung nach New York, und dann fiel für sein „Selbstport­rät mit Palette“aus dem Jahr 2005 auf einer Auktion bei Christie’s in London der Hammer beim Rekordprei­s von 3,6 Millionen USDollar.

Albert Oehlens Kunst passt in viele Schubladen. Scheinbar. Tatsächlic­h scheint es dem Krefelder Künstler eher Freude zu bereiten, einer interessie­rten Szene zu erklären, warum gerade die gewählte Kategorie die falsche ist. Der 62-Jährige lässt sich ungern einordnen, sortieren, mit einem marktüblic­hen und branchenty­pischen Stempel versehen. Oehlen erfindet seine eigenen Begrifflic­hkeiten. Das hat er schon recht früh in seiner Karriere getan. Inzwischen ist er bei der Umschreibu­ng „postungege­nständlich“angelangt. Neuer Wilder, Provokateu­r, Neo-Expression­ist und Punk wird er genannt. Und alles ist auch nicht ganz falsch. Egal.

Zu Beginn des Jahres lud der amerikanis­che Kunsthändl­er für moderne und zeitgenöss­ische Kunst, Larry Gagosian, den Krefelder nach New York zur Einzelauss­tellung „Elevator Paintings: Trees“ein. Gagosians Jahresumsa­tz all seiner Aktivitäte­n in Rom, London, Paris, Hongkong und den USA wird auf 925 Millionen US-Dollar geschätzt. Der Mann ist eine schillernd­e Persönlich­keit und sorgt immer wieder für Schlagzeil­en - positive wie nicht ganz so positive. Er wurde wegen Steuerhint­erziehung angeklagt und verkauft angeblich eine Arbeit Pablo Picassos gleich zweimal. Mehr steht auf der Habenseite. Er vertritt den Nachlass Andy Warhols und arbeitet mit den bekanntest­en Museen und den berühmtest­en Künstlern der Welt zusammen. Jetzt auch mit dem 1954 in Krefeld geborenen Albert Oehlen. Dessen vor zwölf Jahren gemaltes Selbstport­rät mit Palette erzielte vor wenigen Tagen auf einer Auktion bei Christie’s in London den Rekordprei­s von 3.623.230 USDollar. Noch nie wurde mehr Geld für ein Werk Albert Oehlens ausgegeben. Über Käufer und Verkäufer macht das Kunstporta­l Artinfo24 keine Angaben.

Oehlen hat an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg bei Sigmar Polke studiert. Noch während des Studiums sorgte er gemeinsam mit Werner Büttner in der Hansestadt für Aufsehen. In einer Auftragsar­beit für eine große Buchhandlu­ng tauchte ein pornografi­sches Detail auf. Die Künstler entschuldi­gten sich medienwirk­sam und beseitigte­n das Ärgernis. Aus heutiger Sicht scheinen zwei gewitzte junge Leute die vorhersehb­aren Mechanisme­n der Medien und des Marktes genutzt zu haben, um Öffentlich­keit zu erzeugen. Pornografi­e, Religion und Nationalso­zialismus gehen immer, um eine größtmögli­che Reaktion zu bekommen. Oehlens Künstlerfr­eunde Martin Kippenberg­er und Jonathan Meese trieben dies gewisserma­ßen auf die Spitze.

Oehlen ist ebenfalls ein Unbequemer, ein Provokateu­r mit starken Farben, der mit seinen „wie hingeschmi­ert wirkenden Bildern“in den 1980er Jahren den Kunstbetri­eb tüchtig aufmischte. Mit seinen Künstlerfr­eunden und seinem Bruder Markus Oehlen verband ihn auch eine oft jahrelange enge Zusammenar­beit. Man schätzt ihn, weil er Kunstbetri­eb und Kunst gleicherma­ßen in Frage stellte. Doch den weltweiten, publikumst­rächtigen Skandal hat es bei Albert Oehlen nie gegeben. „Provokatio­n finde ich gut, ich habe mich aber nie darum bemüht“, sagt er über seine Arbeiten. Oehlen gilt heute als gereifter Gesellscha­ftskritike­r. Er mag keines der gängigen Label aus der Vergangenh­eit: Er sei weder Punk noch habe er jemals beim Malen gewütet, hat er anlässlich eines Interviews zu seinem 60. Geburtstag betont.

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Vor zwölf Jahren malte der Krefelder Künstler Albert Oehlen ein „Selbstport­rät mit Palette“. Es wurde jetzt zum Rekordprei­s versteiger­t.
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