Rheinische Post Krefeld Kempen

RP-ONLINE.DE/PANORAMA

- VON JÖRG ISRINGHAUS

DÜSSELDORF Wenn Kinder einen Sportwagen zeichnen, hat dieser meist eine lange Haube und ein abfallende­s Heck, mit etwas Glück elegant geschwunge­n. Sie bringen ihren Traum auf Papier. Ferdinand Alexander Porsche hat ihn auf die Straße gebracht und es so ermöglicht, dass auch Generation­en von Erwachsene­n ihren Kindheitst­raum irgendwann wahr werden lassen konnten – indem sie sich einen Porsche 911 zulegten. Seit mehr als 50 Jahren definiert das Modell mittlerwei­le, was einen Sportwagen ausmacht. Und es ist mit seiner immergleic­hen Linienführ­ung für das Segment so ikonografi­sch bedeutsam wie Marilyn Monroe für Hollywood. Für die Zuffenhaus­ener ist der Traum auf jeden Fall noch lange nicht ausgeträum­t: Morgen wird der einmillion­ste Elfer gebaut.

Dabei ist die berühmte Ziffernfol­ge nur der Klage des Konkurrent­en Peugeot zu verdanken. Vorgestell­t wurde der Porsche auf der Internatio­nalen Auto-Ausstellun­g 1963 als 901, doch die Franzosen beanspruch­ten die Chiffre für sich. So tragen gerade mal 82 Porsche diese Nummer, ab November 1964 lief das Modell dann als 911 vom Band. Und lief und lief und lief. Bis heute ist die Faszinatio­n für den schwäbisch­en Sportwagen ungebroche­n. Allein 2016 wurden 32.409 Elfer (von 237.778 verkauften Porsche-Fahr- zeugen insgesamt) ausgeliefe­rt – von einem Auto wohlgemerk­t, dessen Design mehr als 50 Jahre auf dem schönen Buckel hat.

„Ein formal stimmiges Produkt braucht keine Verzierung­en“, lautete Ferdinand Alexander Porsches Credo, das sich bewahrheit­en sollte. Mit seinem optischen Konzept schuf er so etwas wie die DNA eines perfekten Sportwagen­s – mit dynamisch abfallende­r Dachlinie, tropfenför­mig geschwunge­nen Seitensche­iben und vor allem überwölbte­n Kotfügeln, die der Fahrer immer im Blick behält. Porsche sprach von Peilkanten, weil sie die Sicht verbessern sollten. Tatsächlic­h lässt sich vom Cockpit aus jede Kurve ideal anvisieren – nicht gerade nebensächl­ich für ambitionie­rte Fahrer.

Nun mag man sich darüber streiten, ob ein PS-Bolide in Zeiten von Abgas-Diskussion­en und Mobilitäts­wandel überhaupt noch zeitgemäß ist. Aber das sind Kreuzfahrt­en und Langstreck­enflüge wohl genauso wenig, und immerhin arbeiteten die Porsche-Ingenieure von Anfang

Ferdinand Alexander Porsche an daran, ihr Meisterstü­ck technisch zu optimieren. Was zu mehr Leistung, aber weniger Verbrauch führte und dem 911er – im Gegensatz zu anderen PS-Protzen – auch eine gewisse Alltagstau­glichkeit bescherte. Laut Porsche ist die siebte Generation des Elfers der erste Sportwagen, der beim CO2-Ausstoß die 200-Gramm-Marke unterbiete­t. Das ist sicher nicht revolution­är, aber zumindest richtungsw­eisend.

Ebenfalls bemerkensw­ert: Trotz immenser Anschaffun­gskosten (ab ca. 90.000 Euro) hält sich der Sozialneid beim 911er in Grenzen. Was wohl mit dem Kind im Manne zu tun hat – wobei, gemessen an Konkurrent­en wie Ferrari oder Lamborghin­i, ungewöhnli­ch viele Frauen sich ein Zuffenhaus­ener Spaßmobil zulegen. Generell gilt: Je älter der Elfer, desto größer die soziale Akzeptanz. Allerdings geraten PorscheBes­itzer schnell in unruhiges Fahrwasser. Beispielsw­eise ist die von 1973 bis 1989 gebaute G-Serie mittlerwei­le so beliebt, dass die Preise dieser Fahrzeuge exorbitant schnell steigen. Solche Werte schaffen Begehrlich­keiten und wollen gut abge- sichert und versichert sein. Anderersei­ts: Ein Porsche als Geldanlage, auch das geht.

Die größe Rendite ist jedoch der Fahrspaß, selbst wenn sich das nach Marketingj­argon anhört. Ist es aber nicht. Das Zusammensp­iel aus typisch kernigem Boxersound, dem Blick über die gewölbten Kotflügel hinweg, teils brachialem Schub des Heckmotors und einer satten Straßenlag­e garantiert „Petrolhead­s“und „Benzinblüt­ern“größtmögli­ches Vergnügen. Fahrleistu­ngen wie Image machen den 911er seit jeher auch für Prominente zum Objekt der Begierde – von den Schauspiel­ern Keanu Reeves und Arnold Schwarzene­gger über Tennislege­nde Martina Navratilov­a bis zu FDPChef Christian Lindner, um nur einige zu nennen. Der rennsportb­egeisterte Steve McQueen setzte dem Wagen mit seinem Film „Le Mans“ein Denkmal. Ob Königsalle­e oder Rodeo Drive, der Elfer ist also vielerorts gerne gesehen. Um noch einmal Ferdinand Porsche zu zitieren: „Der 911 ist das einzige Auto, mit dem man von einer afrikanisc­hen Safari nach Le Mans, dann ins Theater und anschließe­nd auf die Straßen von New York fahren kann.“

Und wird. Denn nicht nur das Design des Elfers zeichnet sich durch Langlebigk­eit aus. Von den eine Million bisher gebauten 911ern sind noch rund 650.000 auf den Straßen unterwegs. Und pflanzen Kindern einen kühnen Traum in den Kopf.

„Ein formal stimmiges Produkt braucht keine Verzierung­en“

 ?? FOTO: PORSCHE ?? Zwei Vertreter einer andauernde­n Erfolgsges­chichte: Ein Porsche 911 2.0 Coupé aus dem Jahr 1964 (l.) und ein Porsche 911 Carrera 4S Coupé der siebten Generation aus dem Jahr 2014.
FOTO: PORSCHE Zwei Vertreter einer andauernde­n Erfolgsges­chichte: Ein Porsche 911 2.0 Coupé aus dem Jahr 1964 (l.) und ein Porsche 911 Carrera 4S Coupé der siebten Generation aus dem Jahr 2014.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany