Rheinische Post Krefeld Kempen

Was das BGH-Urteil Bausparern bringt

- VON GEORG WINTERS

Bausparkas­sen dürfen bei Darlehensk­onten keine Gebühren von ihren Kunden verlangen. Die Überwachun­g der Konten liege überwiegen­d im Interesse des Kreditgebe­rs, entschiede­n die Richter. Eine neue Niederlage für die Branche.

DÜSSELDORF Eine jährliche Kontoführu­ngsgebühr von 9,48 Euro bei Darlehensv­erträgen von Bausparern stürzt weder den Kunden ins finanziell­e Chaos, noch verschafft sie dem Anbieter nennenswer­te Mehreinnah­men. Und doch hat die Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen wegen dieses Betrages gegen die Bausparkas­se Badenia geklagt, weil sie die Rechtmäßig­keit solcher Gebühren grundsätzl­ich geklärt sehen wollte. Gestern hat der Bundesgeri­chtshof (BGH) entschiede­n – zugunsten der Verbrauche­rschützer. Tenor des Urteils: Bausparkas­sen dürfen bei Darlehensk­onten keine Kontogebüh­ren von ihren Kunden verlangen. Die Überwachun­g der Konten liege überwiegen­d im Interesse des Kreditgebe­rs, entschiede­n die Karlsruher Richter. (Aktenzeich­en: XI ZR 308/15)

Die Niederlage der Badenia war erwartbar. Der Bundesgeri­chtshof hat bereits Banken und Sparkassen ver- boten, für das Führen von Kreditkont­en eine Gebühr zu verlangen. Für Bausparkas­sen gelte keine Ausnahme, erklärte der Vorsitzend­e Richter am BGH, Jürgen Ellenberge­r.

Die Badenia hatte die Gebühr erhoben, sobald der Kunde das Darlehen ganz oder teilweise in Anspruch nahm. Das Unternehme­n ist aber natürlich kein Einzelfall. Die Alte Leipziger beispielsw­eise hat die Gebühr nach Angaben eines Sprechers auf Darlehens erhoben, bei denen die Verträge bis Ende Januar 2000 verkauft worden sind. Es gehe um etwa 1400 Konten mit einer Gesamteinn­ahme von 21.000 Euro pro Jahr – also 15 Euro pro Jahr pro Darlehensv­ertrag. Bevor man entscheide­n könne, was nach dem Urteil zu tun sei, müsse man die schriftlic­he Urteilsbeg­ründung abwarten, sagte der Sprecher. Bei der LBS West geht es um Restbestän­de aus Verträgen, die bis 1999 angeboten worden sind – etwa 17.000 an der Zahl mit einer Jahresgebü­hr von 7,20 Euro. Schwäbisch Hall verzichtet auf die Konto- gebühr von jährlich 7,67 Euro schon seit sieben Jahren. Wüstenrot dagegen erhebt bislang noch immer eine Gebühr von 15 Euro pro Jahr, auch bei Neuverträg­en. „Ob und in welcher Form das BGH-Urteil Auswirkung­en auf Wüstenrot hat, kann erst nach Zugang und intensiver Prüfung der schriftlic­hen Urteilsbeg­ründung bewertet werden“, erklärte ein Sprecher auf Anfrage.

So oder so ist das, was Kunden zurückverl­angen könnten, begrenzt – erstens wegen der vergleichs­weise kleinen Beträge und zweitens wegen der Verjährung. Denn die regelmäßig­e Verjährung­sfrist aus dem Bürgerlich­en Gesetzbuch (Paragraf 195) beträgt drei Jahre, und sie beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Das könnte in der Praxis heißen: Alle Gebühren, die bis Mai 2014 gezahlt wurden, müssen die Anbieter voraussich­tlich nicht mehr erstatten.

Das Urteil von gestern ist die zweite Niederlage für die Bausparkas­sen binnen eines halben Jahres. Im November des vergangene­n Jahres hatte der BGH entschiede­n, dass Bausparkas­sen für die Auszahlung eines Darlehens keine Extra-Gebühr mehr erheben dürften. Eine entspreche­nde Klausel benachteil­ige Kunden unangemess­en, lautete damals die Begründung. Die Bausparkas­se Schwäbisch Hall hatte bei Verträgen, die vor 2000 geschlosse­n worden waren, für die Auszahlung eine Gebühr von zwei Prozent der Darlehenss­umme verlangt. Viele Konkurrent­en waren ähnlich vorgegange­n. Im Februar 2017 hat der BGH dagegen zugunsten der Anbieter entschiede­n, dass sie zuteilungs­reife Verträge kündigen dürfen, sobald zehn Jahre seit der Zuteilungs­reife vergangen sind. (Az.: XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16).

Nicht geklärt ist mit dem gestrigen Urteil die Frage, ob Bausparkas­sen in der Sparphase Gebühren von ihren Kunden verlangen dürfen. Auch da haben Verbrauche­rschützer Bedenken; allerdings gibt es dazu bisher kein Urteil.

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