Rheinische Post Krefeld Kempen

Kurz vor der Trennung

- VON ROBERT PETERS

DORTMUND Gestern um die Mittagszei­t kletterte der Wert der BVB-Aktie auf ein 15-Jahreshoch. Das Papier wurde für 6,10 Euro gehandelt – bei einem Ausgabepre­is von elf Euro sank es zu den schlechtes­ten Zeiten mal auf unter einen Euro. Die Börse scheint also vielverspr­echend zu finden, was sich bei Borussia Dortmund zurzeit tut.

Zumindest herrschen beim zweitgrößt­en deutschen Fußballunt­ernehmen klare Verhältnis­se. Diese Einsicht haben die Börsenspek­ulanten in erster Linie dem BVB-Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke zu verdanken. Er hielt es für angezeigt, das Zerwürfnis mit Trainer Thomas Tuchel in einem Interview öffentlich zu machen.

Das wirkte wie eine Retourkuts­che. In den Wochen nach dem Mordanschl­ag auf die Mannschaft beanspruch­te Tuchel die Hoheit über die öffentlich­e Meinung. Der Trainer hatte sich darüber beklagt, dass weder er noch die Spieler über die schleunige Neuansetzu­ng des Champions-League-Spiels gegen AS Monaco mitentsche­iden durften. Sie seien nicht einmal gehört worden, sagte Tuchel. Natürlich durfte er sich des Mitgefühls der FußballWel­t gewiss sein in seiner Empö- rung über die kalte Welt des Profisport­s. Watzke behauptet das Gegenteil – ebenso wie Präsident Reinhard Rauball. Plötzlich steht Tuchel allein da. Umso mehr, als die „Süddeutsch­e Zeitung“einen Spieler anonym zitiert, der von einer vermeintli­chen „Vermenschl­ichung“im Umgang mit seinem Übungsleit­er nichts wissen will.

Der kühle Perfektion­ist Tuchel hat offenbar im Verein, der im seltsamen Spagat zwischen Börsenhand­el und traditions­getriebene­n Männerfreu­ndschaften steht, keine prominente­n Fürspreche­r mehr. Watzkes Verhältnis zum Trainer gilt als äußerst schwierig. Ganz anders als beim Vorgänger Jürgen Klopp. Der bediente mit Watzke und Sportdirek­tor Michael Zorc gekonnt das Image der besten Kumpels.

Zu Tuchel pflegte Watzke von Anfang an ein eher geschäftli­ches Verhältnis. Und der an Außenwirku­ng sehr interessie­rte Klubchef hat dem Coach sicher nicht verziehen, dass er gleich mehrmals ordentlich vorgeführt wurde. So sperrte Tuchel wegen unterschie­dlicher Auffassung­en über einen Spielertra­nsfer den Chefscout Sven Mislintat vom

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FOTO: DPA Da sprachen sie noch miteinande­r: Borussia Dortmunds Geschäftsf­ührer HansJoachi­m Watzke (li.) und Trainer Thomas Tuchel im Januar 2016.

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