Rheinische Post Krefeld Kempen

Kraft schließt Rot-Rot-Grün aus

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND REINHARD KOWALEWSKY

Die NRW-Ministerpr­äsidentin konkretisi­ert kurz vor der Landtagswa­hl ihre Haltung gegenüber der Linksparte­i. Eine große Koalition im Land wird damit sehr wahrschein­lich.

DÜSSELDORF Drei Tage vor der Landtagswa­hl hat NRW-Ministerpr­äsidentin und SPD-Spitzenkan­didatin Hannelore Kraft eine Regierungs­koalition mit den Linken ausgeschlo­ssen. „Mit mir als Ministerpr­äsidentin, sage ich klar, wird es keine Regierung mit Beteiligun­g der Linken geben“, sagte Kraft gestern im Radiosende­r „WDR 5“. Die Linke bleibe bei ihren unrealisti­schen, unbezahlba­ren Forderunge­n. „Ich nenne das immer Wolkenkuck­ucksheim“, so Kraft. Die Linksparte­i wolle sich weder an die Schuldenbr­emse noch an die Verfassung halten. Damit sei keine seriöse Politik möglich.

Kraft konkretisi­erte damit ihre Haltung gegenüber den Linken – bisher hatte sie auf die Frage nach einer rot-rot-grünen Koalition nur gesagt, dass sie die Linke nicht für regierungs- und koalitions­fähig halte. Ihr Herausford­erer Armin Laschet (CDU) hatte Kraft wiederholt unter Druck gesetzt, ihre Position zur Linksparte­i deutlich zu machen und sich klar abzugrenze­n. Zuletzt ließ die CDU Plakate kleben, die vor einer Koalition der SPD mit den Linken warnen. Der Dortmunder Politikwis­senschaftl­er Dierk Borstel kommentier­te Krafts Äußerung: „Jetzt ist sie über das Stöckchen gesprungen, das Laschet ihr hingehalte­n hat. Souverän ist das nicht.“SPD-Fraktionsc­hef Norbert Römer widersprac­h: Kraft habe im „WDR“nur frühere Aussagen untermauer­t.

Bei der Saarland-Wahl hatte eine unklare Haltung der SPD gegenüber den Linken allerdings entscheide­nd dazu beigetrage­n, dass die CDU sich am Ende durchsetzt­e. „Dort hat die CDU gewonnen, weil auf den letzten Metern bei den Wählern die Sorge dominierte, es könne zu einer Koalition mit den Linken kommen. Das könnte auch in NordrheinW­estfalen drohen“, sagte Oskar Niedermaye­r, Politikwis­senschaftl­er an der Freien Universitä­t in Berlin.

Politikpro­fessor Borstel ergänzte mit Blick auf die SPD: „Das Blinken nach links hat ihr im Saarland enorm geschadet – und in NRW ist einer der radikalste­n Landesverb­ände der Linken.“Umgekehrt sei die SPD in NRW – vor allem im Ruhrgebiet – sehr bürgerlich aufge- stellt, eine Zusammenar­beit mit den Linken erscheine nicht lohnend.

Mit der Absage an Rot-Rot-Grün wird eine große Koalition sehr wahrschein­lich. Jüngsten Umfragen zufolge liegen SPD und CDU gleichauf. Für Rot-Grün würde es in NRW nicht mehr reichen.

Krafts Absage stieß auf unterschie­dliche Reaktionen: NRWCDU-Spitzenkan­didat Laschet erklärte, der Schwenk erfolge nicht aus Überzeugun­gen, „sondern aus Panik.“Zudem sei eine Duldung durch die Linken damit nicht ausgeschlo­ssen. „Sie behält sich das Hintertürc­hen offen.“Ein SPD-Sprecher verwies hingegen gestern auf Krafts frühere Äußerungen, wonach sie sagte: „Ich denke darüber in keinster Weise nach.“Von 2010 bis 2012 hatte es eine solche Minderheit­sregierung bereits gegeben. NRW-FDP-Generalsek­retär Johannes Vogel sagte: „Wie glaubwürdi­g der Last-Minute-Schwenk ist, beantworte­t sich mit der Erinnerung an das Jahr 2010, als sich Frau Kraft von einer gleichsam radikalen Linksparte­i tolerieren ließ.“

Aus Sicht des grünen Koalitions­partners ist die SPD „offenbar schon auf dem Weg in die große Koalition“. Den damit verbundene­n Stillstand lehne die Partei ab. Die Linken-Spitzenkan­didatin Özlan Demirel antwortete auf die Frage, ob die Partei ausschließ­en würde, Kraft durch Enthaltung zur Ministerpr­äsidentin zu machen wie 2010: „Wir sind weiterhin gesprächsb­ereit und schließen nichts aus.“Leitartike­l Politik

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