Rheinische Post Krefeld Kempen

Die Selbstvert­eidigungsm­inisterin

- VON GREGOR MAYNTZ

Auch der Koalitions­partner nimmt Ursula von der Leyen nun unter Beschuss. Im Ausschuss kündigt die CDU-Politikeri­n Reformen an.

BERLIN Gehörig aus dem Tritt geraten ist die übliche Marschordn­ung der Koalition bei der Aufklärung der rechtsextr­emen Bewegungen in der Bundeswehr. Wenn die Linke der Verteidigu­ngsministe­rin „Verschleie­rung“vorwirft, die Grünen „ungeheuerl­ich“finden, was im Ressort von Ursula von der Leyen angesichts von drei Festnahmen wegen Terrorverd­achts alles „schiefgela­ufen“ist, dann ist dies das gewöhnlich­e Geschäft der Opposition. Doch deren Flanke verstärkt gestern vor dem Saal 2.700 im Paul-Löbe-Haus des Bundestage­s von der Leyens eigener Regierungs­partner. Keine Spur von großer Koalition, eher von ganz großer Opposition.

SPD-Fraktionsc­hef Thomas Oppermann hat den neuen Takt vorgegeben. „Franco A. und seine Mitstreite­r haben sich ja fast schon so auffällig verhalten, dass man es gar nicht übersehen konnte“, gibt Oppermann zu Protokoll. Er ergänzt es um die Aufforderu­ng an von der Leyen, dafür die Verantwort­ung zu übernehmen. Vor der zweieinhal­bstündigen Ausschusss­itzung mit der Ministerin eröffnet Arnold bereits das Feuer, klagt etwa darüber, dass der Militärisc­he Abschirmdi­enst (MAD) zu klein für seine Aufgabe der Sicherheit­süberprüfu­ng der Soldaten sei. Und nach der Befragung von der Leyens schießt der Sozialdemo­krat aus allen Rohren.

Die Ministerin trete auf, als ob sie die Problemlös­erin wäre, dabei vergesse sie, dass sie selbst seit dreieinhal­b Jahren die Verantwort­ung trage. Es seien „extreme Fehler auch ken zu weit. Die SPD sei nur an von der Leyens Amtszeit interessie­rt und tue so, als hätte es unter SPDVerteid­igungsmini­stern keine rechtsradi­kalen Umtriebe gegeben, lautet eine Breitseite im Ausschuss.

In diesem Dickicht an gegenseiti­gen Schuldzuwe­isungen geht beinahe unter, dass die Aufklärung durchaus vorankommt. Klarer wird, wie die drei Festgenomm­enen kommunizie­rten, was sie vorhatten und wie sie versuchten, weitere Mitstreite­r in der Truppe zu gewinnen, dabei aber an den MAD gemeldet wurden. So geschehen beim 27 Jahre alten Offizier Maximilian T., der mit Franco A. (29) in derselben Einheit in Illkirch diente. Das Verfahren sei im Sande verlaufen, weil bei der Überprüfun­g durch den MAD am Ende Aussage gegen Aussage gestanden habe und die Beteiligte­n bei dem Anwerbe-Gespräch unter starkem Alkoholein­fluss gestanden haben sollen.

Die Ministerin will nächste Woche den Zwischenbe­richt über die Durchsuchu­ng aller Liegenscha­ften auf Wehrmachts­devotional­ien vorliegen haben. Sie ist aber bereits entschloss­en, den Traditions­erlass von 1982 klarer zu fassen und „Hintertüre­n“zu schließen. Nötig seien auch eine verbessert­e politische Bildung der Soldaten und eine „schnellere und effiziente­re Meldekette“. Von der Leyen will die Frage klären, wie es kommen könne, dass unter täglich vielen hundert richtigen Entscheidu­ngen die innere Führung doch an dem einen oder anderen Punkt „gebrochen“werde. Die Ministerin beschwört derweil den „Blick nach vorne“. Sicher auch auf ihre eigene Zukunft.

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FOTO: DPA Ursula von der Leyen neben dem Generalins­pekteur der Bundeswehr, Volker Wieker, gestern in Berlin.

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