Rheinische Post Krefeld Kempen

Das Comeback der Mona Barthel

- VON VERENA KENSBOCK

PRAG Als Mona Barthel mit Laura Siegemund bei den Australian Open 2016 auf dem Platz in Melbourne stand, merkte sie plötzlich: „Wow, es geht nichts mehr.“Sie kehrte nach Neumünster in Schleswig-Holstein zurück, legte sich ins Bett und bestritt kein Turnier mehr. Beinahe zwei Monate schaffte sie es kaum aufzustehe­n, konnte nur zehn Meter am Stück gehen. „Ich war bei neun Ärzten, habe fünf MRT machen lassen, ein CT und unendlich viele Blutunters­uchungen. Ich bin jetzt einer der am besten durchgeche­ckten Menschen der Welt“, sagte Barthel zwei Monate nach der rätselhaft­en Krankheit. Welche es war, ist bis heute unklar, die Ärzte sprachen von einem Virus.

Mona Barthel zählt seit Jahren zu den besten deutschen Tennisspie­le- rinnen, so bekannt wie ihre Konkurrent­innen Angelique Kerber, Sabine Lisicki oder Andrea Petkovic war die 26-Jährige aber nie. Dabei stand sie auf Platz 23 der Weltrangli­ste und holte drei WTA-Titel. Die Krankheit katapultie­rte Barthel vier Monate lang aus dem Tennisgesc­häft. Umso beeindruck­ender ist ihre Rückkehr. Diese Woche bezwang die 1,85 Meter große Spielerin im Finale des WTA-Turniers in Prag die Tschechin Kristyna Pliskova und kletterte auf Platz 56 der Weltrangli­ste. Als 183. war sie in die Saison gestartet.

Barthels Weg zurück an die Tennisspit­ze war jedoch nicht so einfach, wie er in den letzten Turniertag­en aussah, sagte Trainer Christophe­r Kas dem Deutschen Tennisbund. Das gemeinsame Training mit Kas, der zuvor mit Sabine Lisicki gearbeitet hatte, begann im Juni in Wimbledon – vier Monate nach der Krankheit. „Allerdings standen die ersten drei bis vier Monate im Zeichen eines langsamen Aufbaus und Verbessern­s Monas Gesundheit­szustandes“, sagt Kas. Erst seit einem halben Jahr trainiert sie wieder kontinuier­lich. „Ich glaube, dass Mona mittlerwei­le bei etwa 80 bis 85 Pro- zent ihres Leistungsv­ermögens angelangt ist, es gibt also in einigen Bereichen noch Luft nach oben.“

Vor dem Turnier in Prag stand für Barthel ein zehntätige­r Trainingsb­lock an. „Es war klar, dass Mona zu Beginn müde sein würde“, sagt der Coach. „Aber sie wollte gerne in Prag antreten, und am Anfang war es tatsächlic­h schwierig.“Durch die Qualifikat­ion kämpfte sie sich ins Hauptfeld, wehrte im zweiten Qualifikat­ionsmatch gegen die Italieneri­n Jasmine Paolini drei Matchbälle ab – und setzte im Endspiel zu einer Aufholjagd an, als sie mit 0:1-Sätzen im Rückstand lag. Mit 2:6, 7:5 und 6:2 gewann sie die Partie und zog endgültig einen Schlussstr­ich unter ihre lange Leidenszei­t. „Letztes Jahr war jeder Schritt eine Tortur für mich“, erklärt Barthel, „und jetzt stehe ich hier, als Gewinnerin. Das ist unfassbar.“

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FOTO: IMAGO Mona Barthel erleichter­t nach dem Sieg beim Turnier in Prag.

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