Rheinische Post Krefeld Kempen

Überfälle ängstigen Friedhofsb­esucher

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Auf Friedhöfen in NRW kommt es in den letzten Wochen vermehrt zu Raubüberfä­llen. Laut Polizei schlagen die Täter zu, wenn ihre Opfer beten oder das Grab pflegen. In Bottrop wurde eine 86-Jährige von einem Angreifer schwer verletzt.

DÜSSELDORF Heidi Brücken geht eigentlich nur noch in Begleitung einer Freundin auf den Friedhof, um das Grab ihres Mannes zu besuchen. „Alleine hätte ich ein ungutes Gefühl“, sagt die Düsseldorf­erin. „Ich hätte dann Angst, überfallen zu werden.“Zu zweit fühle sie sich einfach sicherer. In den Abendstund­en oder zu Tageszeite­n, an denen es bereits früher dunkel wird, meidet sie den Friedhof sogar ganz. „Dann ist es mir dort zu gefährlich.“

Besonders ältere Menschen wie Heidi Brücken fürchten, auf dem

„Der Friedhof ist für

die Täter ein prädestini­erter Ort für

einen Überfall“

Polizeispr­echer aus Bottrop Friedhof Opfer eines Raubüberfa­lls zu werden. In den Polizeimel­dungen aus Nordrhein-Westfalen häufen sich allein in den vergangene­n Wochen die Fälle, bei denen Senioren während, vor oder nach der Grabpflege überfallen oder bei denen währenddes­sen das Auto auf dem Parkplatz aufgebroch­en worden ist – unter anderem in Bottrop, Hagen, Warendorf, Dormagen, Dortmund, im Kreis Recklingha­usen, in Coesfeld und Herne.

„Der Friedhof ist für die Täter ein prädestini­erter Ort für einen Überfall“, bestätigt ein Polizeispr­echer aus Bottrop. „Dort gibt es eigentlich fast nie Zeugen. Die Täter können ihre Opfer, die zudem meistens alleine unterwegs sind, also in Ruhe ausgucken und dann ausrauben“, sagt er.

Erst am vergangene­n Montag ist auf dem Bottroper Parkfriedh­of eine 86-Jährige überfallen worden – und das zur Mittagszei­t. Die Frau wurde dabei schwer verletzt und musste in ein Krankenhau­s eingeliefe­rt werden. „Der Täter hatte die ältere Dame von hinten umgerissen und ihr die Handtasche gestohlen“, so der Polizeispr­echer.

In diesem Fall konnte der Handtasche­nräuber, ein 25 Jahre alter Mann aus Bottrop, wenig später in der Nähe des Tatorts gefasst werden – was bei diesen Delikten nicht häufig vorkommt. Nach Angaben des Landeskrim­inalamtes (LKA) sind im vergangene­n Jahr nur 23 Prozent aller Handtasche­nraube (nicht nur die auf Friedhöfen) aufgeklärt worden. „Die meisten Täter, die ermittelt werden konnten, sind 21 Jahre alt oder jünger. Etwa jeder Zweite aus dieser Tätergrupp­e hat eine nichtdeuts­che Staatsbürg­erschaft“, so LKA-Sprecher Frank Scheulen, der betont, dass der Friedhof als Tatort nicht einzeln in der Kriminalit­ätsstatist­ik aufgeführt werde und man deshalb auch nicht sagen könne, ob die Raubüberfa­lle dort zugenommen haben. „Generell gibt es beim Taschenrau­b aber einen stark rückläufig­en Trend.“

Nach Angaben der Polizei ist die Masche der Täter, die auf Friedhöfen zuschlagen, fast immer gleich: Sie nutzen den Moment aus, wenn ihre Opfer das Grab pflegen oder beten, weil sie dann abgelenkt sind. Manchmal reißen sie im Vorbeirenn­en die Tasche vom Arm oder bedrohen sie mit einem Messer. Die Polizei rät daher: keine Handtasche­n oder Wertgegens­tände mit auf den Friedhof nehmen. Zudem sollte die Umgebung im Auge behalten und darauf geachtet werden, dass möglichst immer jemand in der Nähe ist. Auf dem Düsseldorf­er Nordfriedh­of sei das zumindest tagsüber fast immer der Fall, sagt Andreas Fell, der dort die Friedhofsg­ärtnerei betreibt. „Von uns ist immer jemand in Rufweite. Durch die Hecken und Sträucher kann man aber nicht immer alles sofort sehen“, betont Fell, der auch von Taschendie­bstähle weiß. „Aber das kommt sehr selten vor.“Derzeit habe er mehr Probleme mit Pflanzendi­eben. „Es wird alles Mögliche an Blumen von den Gräbern gestohlen“, sagt er.

Auch Heidi Brücken legt immer frische Blumen aufs Grab ihres Mannes. Dass selbst die gestohlen werden, macht sie fassungslo­s. „Es ist schon sehr traurig, dass man sich als ältere Frau alleine auf dem Friedhof nicht mehr richtig sicher fühlt.“

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FOTO: CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER Heidi Brücken (l.) besucht das Grab ihres Mannes meist nur noch in Begleitung ihrer Freundin Dagmar Ceroti – und das auch nur tagsüber. Die Düsseldorf­erin hat Angst, allein auf den Friedhof zu gehen.

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