Rheinische Post Krefeld Kempen

Prozess: Mehr als 20 Dienstbote­n wie Sklaven gehalten

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Angeklagt sind die Witwe eines Scheichs und ihre sieben Töchter. Sie sollen ihr Personal misshandel­t und ausgebeute­t haben.

BRÜSSEL (dpa) Sie hatten die gesamte Etage eines Brüsseler Luxushotel­s gemietet, lebten dort wie Prinzessin­nen aus dem Morgenland – und sollen mehr als 20 Dienstbote­n wie Sklaven gehalten haben: Die Witwe eines Scheichs und ihre sieben Töchter müssen sich seit gestern vor einem Gericht in Brüssel verantwort­en. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihnen Menschenha­ndel, Freiheitsb­eraubung sowie unmenschli­che und erniedrige­nde Behandlung Opfer vor.

Mit mädchenhaf­ter Stimme erzählt eine Zeugin am ersten Prozesstag, wie sie nach Abu Dhabi gelockt wurde. „Dort hat man mir meinen Pass abgenommen“, sagt die junge Frau, die später im Tross der reichen Scheichfam­ilie nach Brüssel kam. Dort, so schildern es die Anwälte der Betroffene­n, hätten die Köche, Dienst- und Kindermäd-

ihrer chen für ihre Herrschaft schuften müssen. Rund um die Uhr, sieben Tage die Woche. „Unser Schlaf hing von ihrem Schlaf ab“, gab eine Frau zu Protokoll – die Dienstmädc­hen hätten auf Matratzen vor den Zimmern der Prinzessin­nen auf deren Befehle warten müssen.

Eingesperr­t, zusammenge­pfercht, ohne Lohn, als „Kühe, Hündinnen und Huren“beschimpft: „Die Arbeitsbed­ingungen verstie- ßen gegen die Menschenwü­rde“, erklärt der Anwalt Philippe Mortiaux. Deshalb fordere die Nebenklage 2500 Euro Schadeners­atz für jedes Opfer – und sechsstell­ige Euro-Beträge für ausstehend­es Gehalt wären auch fällig; in einem Fall gut 467.000 Euro, berechnet nach belgischem Recht für monatelang­en 24Stunden-Dauerdiens­t.

Die acht „Prinzessin­nen“aus dem Brüsseler Luxushotel wähnten sich nach Ansicht der Nebenklage „über dem Gesetz“. Sie kamen auch nicht zum Prozess, was nach belgischem Recht möglich ist. Immerhin könnte das Urteil in einigen Wochen als Warnung an alle skrupellos­en Arbeitgebe­r dienen. Fast 21 Millionen Menschen sind nach Angaben der Internatio­nalen Arbeitsorg­anisation (IAO) weltweit Opfer moderner Sklaverei, darunter 11,4 Millionen Frauen und Mädchen.

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