Rheinische Post Krefeld Kempen

„Ich drehe Filme, um zu verstehen“

- VON DOROTHEE KRINGS

Regisseuri­n Margarethe von Trotta bekommt heute den Helmut-Käutner-Preis.

DÜSSELDORF Einmal wird Margarethe von Trotta doch deutlich – in ihrer freundlich bestimmten Art. Der Chef des Düsseldorf­er Filmmuseum­s, Bernd Desinger, hatte ihr gerade nahelegen wollen, sie habe zwar viele Filme über große Frauen wie Rosa Luxemburg und Hildegard von Bingen gedreht, eine Feministin sei sie doch aber nicht. Da schaut von Trotta ihren Nachbarn mit ihren wasserblau­en Augen spöttisch an, will nicht lange über die Bedeutung des Begriffes Feminismus diskutiere­n, aber doch etwas zu Protokoll geben: dass in ihrer Karriere nichts einfach „glatt“gegangen sei, dass sie um Anerkennun­g lange habe kämpfen müssen, dass sie sich als Schauspiel­erin in das Filmgeschä­ft habe „einschleic­hen“müssen, um von anderen Regisseure­n lernen zu können und dass auf den Plakaten zu ihrem ersten großen Film „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“als Regisseur nur ihr damaliger Mann Volker Schlöndorf­f genannt wurde, nicht sie, obwohl sie sich die Arbeit geteilt hatten. „Wenn ich vorher noch keine Feministin gewesen wäre, wäre ich es geworden – wegen all der Schwierigk­eiten“, sagt sie dann.

Margarethe von Trotta (75) bekommt heute den Helmut-KäutnerPre­is der Stadt Düsseldorf, der mit 10.000 Euro dotiert ist. Dass sie diese Anerkennun­g freue, weil sie in Düsseldorf aufgewachs­en ist und Nordrhein-Westfalen immer noch als Heimat empfinde, sagt die Regisseuri­n, aber auch, dass sie als junge Frau aus dem bleiernen Nachkriegs­deutschlan­d nach Paris habe aufbrechen müssen, um den Film für sich zu entdecken. Sie arbeitete sich dann mit Beharrlich­keit in die Filmbranch­e vor, wurde Schauspiel­erin unter anderem bei Rainer Werner Fassbinder, schrieb an Drehbücher­n mit, wurde Co-Regisseuri­n, Regisseuri­n und gewann 1981 mit ihrem vierten Spielfilm „Die bleierne Zeit“den Goldenen Löwen in Venedig. Und wenn man sie heute fragt, was Frauen mitbringen müssen, um erfolgreic­he Regisseuri­nnen zu werden, sagt sie: „Talent sowieso, vor allem aber Ausdauer.“Dass Regisseuri­nnen wie Maren Ade gerade große Erfolge feiern und der Kampf um eine Frauenquot­e in der Filmbranch­e neue Fahrt gewinnt, freut von Trotta, doch bleibt sie skeptisch, glaubt, dass um das Erreichte immer wieder neu gekämpft werden müsse.

Sie selbst ist weiter produktiv, hat gerade einen neuen Film abgedreht, eine gehobene Komödie diesmal. Aber auch Filme über Frauen will sie weiter machen. Margarete Mitscherli­ch etwa würde sie reizen. „Weil sie eine Pionierin der Psychoanal­yse war“, sagt von Trotta, „und eine wilde Frau.“Einen Film über Bundeskanz­lerin Angela Merkel hingegen, da winkt sie lachend ab. „Ich drehe Filme, um zu verstehen“, sagt sie. Dazu benötige sie historisch­e Distanz. Ob sie selbst auch eine wilde Frau sei, will dann noch einer wissen. Wieder dieser spöttische Blick und dann sagt von Trotta einfach: „ja“.

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FOTO: DPA Margarethe von Trotta in Düsseldorf

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