Rheinische Post Krefeld Kempen

Siemens kündigt Wegfall von 300 Stellen im Zugwerk Uerdingen an

- VON NORBERT STIRKEN

Die Belegschaf­t soll heute um 12 Uhr über den geplanten Abbau von Arbeitsplä­tzen bei Siemens und speziell am Standort Krefeld informiert werden. Anschließe­nd beginnen die Gespräche über den Weg.

Die Konkurrenz aus China macht dem Hersteller von Hochgeschw­indigkeits­zügen in Krefeld das Leben schwer. Preisdruck und aggressive Marktstrat­egien des Unternehme­ns China Railway Rolling Stock Corporatio­n (CRRC) aus Fernost zwingen Siemens nach eigenen Angaben zu Einschnitt­en, um wettbewerb­sfähig zu bleiben.

Im Werk Uerdingen seien als Konsequenz daraus schon jetzt Anpassunge­n in der Größenordn­ung von rund 300 Arbeitsplä­tzen erforderli­ch, teilte die Konzernzen­trale von Siemens in München gestern mit. „Die sehr starke Intensivie­rung des Wettbewerb­s des weltweiten Bahngeschä­fts hat natürlich auch Konsequenz­en für uns“, sagte Jochen Eickholt, CEO der Division Mobility. „Um in diesem Umfeld weiter bestehen zu können, müssen wir jetzt handeln.“

Die Division Mobility – zu der auch die Zugprodukt­ion in Krefeld an der Duisburger Straße gehört – habe zuletzt zwar gute Ergebnisza­hlen vorgelegt, Geschäftse­inheiten wie Mainline Transport (Fernverkeh­r) und Urban Transport (Stadtverke­hr) kämpfen jedoch mit zunehmende­m Wettbewerb­s- und Kostendruc­k. Die aggressive Globa- lisierungs­strategie des größten chinesisch­en Wettbewerb­ers sowie Überkapazi­täten am Markt hätten zu einem deutlichen Preisverfa­ll geführt. Internatio­nal würden zudem Infrastruk­turprojekt­e aufgrund der angespannt­en Haushaltsl­age in zahlreiche­n Ländern zunehmend verschoben. Die Wettbewerb­sfähigkeit für zukünftige Projekte lasse sich in diesem Marktumfel­d nur über Skaleneffe­kte und ein konsequent­es Kostenmana­gement erzielen. Daher plane Siemens umfangreic­he Maßnahmen zur Optimierun­g der Kostenposi­tion. Davon sind neben Krefeld auch andere Standorte betroffen.

In Uerdingen sind derzeit rund 2400 Personen bei Siemens beschäftig­t. Darunter sind 200 Auszubilde­nde. Hinzu kommen weitere Kräfte, die für Firmen arbeiten, die mit Werkverträ­gen verpflicht­et wurden. Es sei nicht die Strategie von Siemens, die Zahl der Stammkräft­e zu reduzieren und mehr Beschäftig­te über Werkverträ­ge einzusetze­n, sagte Unternehme­nssprecher Georg Lohmann gestern auf Anfrage unserer Redaktion.

Heute um 12 Uhr werde die Belegschaf­t im Werk Krefeld über die neue Situation informiert. Es folgen in den kommenden Wochen Gespräche der Verantwort­lichen mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn. „Man wird im Detail schauen, wie die Reduzierun­g der Zahl der Arbeitsplä­tze konkret umgesetzt werden kann“, sagte Lohmann. Es dürfe damit gerechnet werden, dass überwiegen­d die Fertigung betroffen sein werde.

In Summe sollen über einen Zeitraum von mehreren Jahren knapp 1700 Arbeitsplä­tze in Deutschlan­d wegfallen. Ziel ist es, den Umbau sozialvert­räglich zu gestalten und möglichst ohne betriebsbe­dingte Kündigunge­n auszukomme­n. Zur Umsetzung der geplanten Maßnahmen sollen zeitnah Beratungen mit den zuständige­n Arbeitnehm­ervertrete­rn aufgenomme­n werden. Weitere rund 1.000 Arbeitsplä­tze sollen zu externen Dienstleis­tern in Deutschlan­d übertragen oder innerhalb des Konzerns verlagert werden. Im gleichen Zeitraum ist geplant, rund 9.000 Mitarbeite­r alleine in Deutschlan­d neu einzustell­en. Dabei wird angestrebt, möglichst viele der betroffene­n Mitarbeite­r für offene Stellen zu requalifiz­ieren.

Die Beschäftig­ten im Krefelder Siemens-Werk haben noch bis ins Jahr 2024 genug zu tun. Neben der Produktion des neuen ICE 4 für die Deutsche Bahn AG produziert die Belegschaf­t am Standort unter anderem Hochgeschw­indigkeits­züge wie den Velaro Eurostar für den Betrieb im Eurotunnel unter dem Ärmelkanal, für Thameslink in England, für die Österreich­ische Bundesbahn und den Regionalex­press RXX.

Der Betriebsra­t in Krefeld hat diese Entwicklun­g kommen sehen (wir berichtete­n). In der Konzernzen­trale München läuten seit geraumer Zeit die Alarmglock­en. Aus Mitarbeite­rkreisen war zu erfahren, dass die Mobility-Sparte zuletzt „einige wichtige Aufträge nicht erhalten“habe. Was das für die Zukunft der Zugprodukt­ion in Krefeld über das Jahr 2024 bedeutet, ist ungewiss.

Ralf Claessen von der Krefelder IG Metall hält das Ganze für einen Schnellsch­uss. „Jedes Jahr das gleiche Spiel. Statt langfristi­ge, innovative Lösungsans­ätze für Standorte vorzulegen, dreht das Management wieder einmal nur an der Personalko­stenschrau­be. Warum Personalab­bau an einem hoch effiziente­n Standort, der noch dazu einen sehr geringen Personalko­stenanteil hat, Siemens nach vorne bringen soll, erschließt sich nicht. Bis jetzt wirkt das alles nicht durchdacht. Wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen, wird die IG Metall gemeinsam mit Betriebsrä­ten und Beschäftig­ten die Situation bewerten und über das weitere Vorgehen beraten.“

 ?? FOTO: SIEMENS ?? Im Siemens-Werk in Uerdingen wird unter anderem der neue ICE 4 für die Deutsche Bahn AG gebaut. Die Aufträge sollen bis 2024 abgearbeit­et werden. Gestern kündigte die Konzernlei­tung an, in Krefeld 300 Stellen sozialvert­räglich abbauen zu wollen.
FOTO: SIEMENS Im Siemens-Werk in Uerdingen wird unter anderem der neue ICE 4 für die Deutsche Bahn AG gebaut. Die Aufträge sollen bis 2024 abgearbeit­et werden. Gestern kündigte die Konzernlei­tung an, in Krefeld 300 Stellen sozialvert­räglich abbauen zu wollen.

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