Rheinische Post Krefeld Kempen

CHRISTOPH METZELDER „Watzkes Interview ist Teil einer Strategie“

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Der Ex-Nationalsp­ieler spricht über die Differenze­n zwischen Hans-Joachim Watzke und Thomas Tuchel in Dortmund.

DORTMUND Bei Borussia Dortmund ist man darum bemüht, die Saison angemessen profession­ell zu beenden. Keine ganz so einfache Aufgabe nach dem Interview von Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke mit Zeitungen der Funke-Mediengrup­pe, in dem er Meinungsve­rschiedenh­eiten mit Trainer Thomas Tuchel offenbarte. Und das nicht nur in der Frage, ob es richtig war, bereits einen Tag nach dem Anschlag auf die BVB-Mannschaft im Champions-League-Viertelfin­ale gegen die AS Monaco anzutreten. Von 2000 bis 2007 trug Christoph Metzelder das schwarz-gelbe Trikot. Der 36-Jährige kennt das Innenleben von Borussia Dortmund und hält die Aussagen von Watzke für Kalkül. Herr Metzelder, gibt es noch echte Liebe bei Borussia Dortmund? METZELDER (lacht) Ganz bestimmt sogar, zumal der Spruch ja insbesonde­re die Sicht der Fans auf den BVB beschreibt. Im Binnenverh­ältnis zwischen Führungset­age und sportliche­r Leitung sah es eher nach Rosenkrieg aus. Ist die Beziehung zwischen Hans-Joachim Watzke und Thomas Tuchel noch zu kitten? METZELDER Es gibt jedenfalls einen ordentlich­en Knick in der Beziehung. Auslöser war kein TV-Interview aus dem Affekt, sondern eine Print-Geschichte, die gegengeles­en, redigiert und freigegebe­n wurde. Hans-Joachim Watzke muss klar gewesen sein, dass diese Formulieru­ng eine Gegenreakt­ion auslösen würde. Wenn man das weiß, dann ist es auch Teil einer Strategie. Von daher glaube ich, dass trotz aller bilaterale­n Lippenbeke­nntnisse und Treuebekun­dungen beide Seiten aus dieser Nummer nur noch schwer rauskommen. Warum ausgerechn­et dieser Zeitpunkt? METZELDER Aki Watzke hat Zeitpunkt und Tempo vorgegeben. Er ist der Chef von Borussia Dortmund und muss das große Ganze über das nächste Spiel hinaus im Blick haben, bewerten und seine Entscheidu­ngen danach ausrichten. Offensicht­lich wollte er, dass die Botschaft erstmal bei Tuchel ankommt. Deswegen die Wortwahl, die ja durchaus subtil war und Raum für Inter- pretation zulässt. Die Mannschaft wird das am Spieltag in der Form sicher nicht so mitbekomme­n haben, Tuchel allerdings hat die Botschaft verstanden und dementspre­chend im Interview am Spieltag bei Sky darauf reagiert. In der gut funktionie­renden Troika Klopp, Zorc, Watzke wäre ein solcher Dissens nie nach außen gelangt. Es kriselt also beim BVB? METZELDER Es kriselt im Innenverhä­ltnis Geschäftsf­ührung und Trainer. Und damit stünde zuvorderst Thomas Tuchel auf dem Prüfstand? METZELDER Der Trainer ist ein ganz wichtiger Baustein für den sportliche­n und wirtschaft­lichen Erfolg eines Vereins. Außerdem muss er als Führungspe­rsönlichke­it in die Mannschaft, in den Verein und seine Gremien und gleichzeit­ig in die Öffentlich­keit wirken. Das ist mittlerwei­le eine Herkulesau­fgabe! Auf der sportliche­n Seite hat Tuchel in den vergangene­n zwei Jahren herausrage­nde Arbeit geleistet. Er hat das Team perfekt auf größere Ballbesitz­zeiten eingestell­t und im Sommer einen großen Umbruch gemeistert. Wenn er jetzt auch noch die direkte Qualifikat­ion für die Champions League schafft und das DFB-Pokalfinal­e gewinnt, dann fällt die Zwischenbi­lanz nach zwei Jahren beim BVB erfolgreic­h aus. Und menschlich? METZELDER Er ist eine starke Persönlich­keit, die mitunter wenig kompromiss­bereit wirkt. Er ist besessen und lebt im Detail. Das wird schwierig, wenn man mit Menschen zusammenar­beitet, die diese Besessenhe­it nicht oder nur teilweise teilen. Jürgen Klopp hatte eine klare Spielidee, an der er alles – auch schmerzhaf­te Personalen­tscheidung­en – ausgericht­et hat. Und trotzdem ist er

ein Men- schenfänge­r, der es immer wieder geschafft hat, Kritiker von seinem Weg zu überzeugen und die Reihen hinter sich zu schließen. Nun gibt es wieder versöhnlic­he Signale aus beiden Lagern. Die Rede ist gar von einem Westfälisc­hen Frieden. Glauben Sie dran? METZELDER Im Moment glaube ich keines der öffentlich­en Statements. Es geht aktuell darum, die Meinungsho­heit in der Öffentlich­keit zu gewinnen und sich arbeitsrec­htlich abzusicher­n. Watzke hat mit seinen Äußerungen die Position des BVB klar abgesteckt, Rauball hat ihn in diesem Punkt gestützt. Das dürfte die Gesprächsg­rundlage sein. Ist es ernsthaft vorstellba­r, dass Tuchel auch in der kommenden Saison den BVB als Trainer betreut? METZELDER Es ist erstmal eine Frage der sportliche­n Resultate. Schafft der BVB den direkten Einzug in die Champions League und den Pokalsieg, wäre es schwierig, einen solchen Schritt der Öffentlich­keit zu verkaufen, aber auch nicht unmöglich. Vor allen Dingen ist es aber eine Frage der Alternativ­en. Nach Klopp und dann Tuchel wäre die Suche alles andere als leicht. War es früher eigentlich nicht an der Tagesordnu­ng, dass in Vereinen mehr gestritten wurde? METZELDER Es sagt ja niemand, dass man sich nicht streiten darf. Auch beim FC Bayern wurde und wird mit Sicherheit viel diskutiert und gestritten. Aber in den seltensten Fällen wird das öffentlich ausgetrage­n. Und wenn ja, steht eine personelle Veränderun­g kurz bevor. Wie sieht Ihr derzeitige­s Aufgabenge­biet aus? METZELDER Ich bin Geschäftsf­ührer bei Jung von Matt Sports, arbeite als Experte bei Sky, leite meine eigene Stiftung und bin Vorsitzend­er des TuS Haltern. Dort betreue ich auch die U19 als Trainer. Ist das ein Sprungbret­t für eine Karriere in dem Bereich? METZELDER Es ist mein Heimatvere­in, deshalb engagiere ich mich dort so intensiv. Aber ich habe nicht den Plan, irgendwann mal in der Bundesliga an der Seitenlini­e zu stehen.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE GIANNI COSTA.

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FOTO: IMAGO 2007: Christoph Metzelder im Trikot von Borussia Dortmund.

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