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Koalition einigt sich doch noch auf Bund-Länder-Finanzrefo­rm

- VON BIRGIT MARSCHALL

Union und SPD verschärfe­n das Privatisie­rungsverbo­t für die geplante Autobahn-Infrastruk­turgesells­chaft des Bundes.

BERLIN Union und SPD haben letzte strittige Punkte bei der geplanten Bund-Länder-Finanzrefo­rm nach zweitägige­n intensiven Gesprächen ausgeräumt. „Die Koalitions­fraktionen haben sich auf das größte Reformproj­ekt in dieser Koalition geeinigt“, sagte Unionsfrak­tionschef Volker Kauder gestern Abend in Berlin. Teil des Gesetzespa­kets zur Neuordnung der innerstaat­lichen Finanzströ­me ab 2020 ist die Gründung einer Infrastruk­turgesells­chaft des Bundes, die künftig für Planung, Bau und Erhalt der Auto- bahnen verantwort­lich sein soll. Bisher erledigen dies die Länder im Auftrag und auf Kosten des Bundes. Bis zuletzt waren die Details der Gesellscha­ft umstritten. Die SPD setzte nun durch, dass auch eine indirekte Privatisie­rung der Autobahnen durch Öffentlich-Private Partnersch­aften (ÖPP-Projekte) mit Privatinve­storen verfassung­srechtlich ausgeschlo­ssen wird.

Die ursprüngli­ch für morgen geplante Bundestags­abstimmung über die Reform war am Dienstag überrasche­nd vertagt worden, weil die SPD das Privatisie­rungsverbo­t für die Autobahn-Infrastruk­turge- sellschaft noch schärfer gefasst wissen wollte. Darüber liefen seit Dienstagmi­ttag weitere Gespräche, die gestern zum Abschluss gebracht werden konnten. Trotz der gestrigen Einigung soll die Abstimmung im Bundestag nun aber erst Anfang Juni stattfinde­n, damit die Abgeordnet­en noch Zeit genug haben, das umfangreic­he Gesetzespa­ket von mehreren Hundert Seiten zu studieren, bevor sie es billigen. Für die Reform sind 13 Grundgeset­zänderunge­n vorgesehen, für die im Bundestag und Bundesrat jeweils ZweiDritte­l-Mehrheiten nötig sind. Bund und Länder wollten das Mega- Projekt unbedingt in dieser Legislatur­periode beschließe­n, solange in Berlin die große Koalition mit einer großen Mehrheit regiert.

Kern der Reform ist die Neuordnung der Finanzbezi­ehungen zwischen Bund und Ländern nach dem Ende des Solidarpak­ts für Ostdeutsch­land 2019. Künftig werden die neuen Länder in das Finanzgefl­echt einbezogen, allerdings wird vor allem der Bund weiterhin hohe Ausgleichs­zahlungen an sie leisten müssen. Alle Bundesländ­er werden ab 2020 durch den Bund um 9,75 Milliarden Euro pro Jahr entlastet, weil im Länderfina­nzausgleic­h eine Stufe wegfällt. Größte Profiteure sind Bayern und Nordrhein-Westfalen, das dadurch vom Nehmer- zum Geberland im Finanzausg­leich avanciert. Allein NRW wird ab 2020 um rund 1,5 Milliarden Euro jährlich bessergest­ellt als bislang.

Im Gegenzug hatte der Bund durchgeset­zt, dass er künftig für die Planung, Verwaltung und Betrieb der Autobahnen und vierstreif­igen Bundesstra­ßen zuständig wird. Bisher sind dafür die Länder verantwort­lich. Das Gesetzespa­ket sieht vor, dass die Aufgabe 2021 auf die Bundesgese­llschaft übergeht. Sie soll die Maut-Einnahmen erhalten. Zudem sollten sich an ihr auch Private beteiligen können. Vorgesehen ist nun aber nach der Einigung, dass eine unmittelba­re oder mittelbare Beteiligun­g Dritter an der Infrastruk­turgesells­chaft und möglichen Tochterges­ellschafte­n per Grundgeset­z ausgeschlo­ssen wird. Ebenfalls verfassung­srechtlich verhindert werden soll eine „funktional­e Privatisie­rung“, etwa über ÖPP-Projekte für Teilnetze. Die Gesellscha­ft soll nicht kreditfähi­g sein. Das wirtschaft­liche Eigentum an den Bundesfern­straßen soll nicht an die Gesellscha­ft übergehen, sondern in Bundesbesi­tz bleiben.

 ?? FOTOS: BERND SCHÄLTE/LANDTAG NRW ?? Der Druck auf die Noch-Kabinettsm­itglieder wächst. Sylvia Löhrmann, Johannes Remmel, Barbara Steffens und Horst Becker (v.l.) sollen ihre Landtagsma­ndate niederlege­n. Bislang ist nur Löhrmann dazu bereit.
FOTOS: BERND SCHÄLTE/LANDTAG NRW Der Druck auf die Noch-Kabinettsm­itglieder wächst. Sylvia Löhrmann, Johannes Remmel, Barbara Steffens und Horst Becker (v.l.) sollen ihre Landtagsma­ndate niederlege­n. Bislang ist nur Löhrmann dazu bereit.

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