Rheinische Post Krefeld Kempen

Neue Amri-Ermittlung auch im Bund nötig

- VON GREGOR MAYNTZ VON FRANK HERRMANN VON ANTJE HÖNING FACEBOOK MUSS 110 MILLIONEN EURO . . ., SEITE B 1

Was der Berliner Sonderermi­ttler und frühere Bundesanwa­lt Bruno Jost im Fall Amri aufgedeckt hat, stinkt zum Himmel. Statt der elektronis­ch gespeicher­ten Einschätzu­ng der Polizei vom 1. November über einen gewerbsmäß­igen Dealer Amri wird Monate später eine rückdatier­te Notiz von dessen Harmlosigk­eit abgeheftet. Das ist Anlass genug, im neuen Düsseldorf­er Landtag wie im Berliner Abgeordnet­enhaus, in Untersuchu­ngsausschü­ssen erneut jeden Stein umzudrehen.

Auch der Bundestag muss das leisten. Denn eklatantes Behördenve­rsagen im Vorfeld des Weihnachts­markt-Attentats hat es nicht nur auf Ländereben­e gegeben. Vor den letzten Wahlen hat ein Drohnen-Untersuchu­ngsausschu­ss binnen vier Monaten auch schon mal ganze Arbeit geleistet. Aber auf einem übersichtl­ichen Feld. In Sachen Amri besteht die Gefahr, dass nicht gründlich, sondern vor allem mit Wahlkampfe­ffekten untersucht wird. Deshalb sollte besser der nächste Bundestag damit starten.

Die Zeit bis dahin sollte jedoch genutzt werden, auch das Vorgehen der Bundesbehö­rden detaillier­t zu beleuchten. Per Sonderermi­ttler. Bruno Jost, übernehmen Sie! BERICHT AMRIS DROGENHAND­EL FRÜH BEKANNT, TITELSEITE

EDemokrati­e funktionie­rt

ine kurze Nacht lang konnte man glauben, dass Donald Trump vielleicht doch seinen Frieden macht mit den Institutio­nen der Demokratie. Dass er ihn einfach akzeptiert, den Sonderermi­ttler, der herausfind­en soll, ob der Kreml in geheimer Absprache mit seinen Kampagnenb­eratern die amerikanis­che Wahl zu beeinfluss­en versuchte. Am Morgen aber strickte der Präsident schon wieder an Legenden, wie üblich via Twitter, indem er von der größten Hexenjagd der US-Geschichte sprach.

Selbst wenn nichts dran sein sollte an der „Russland-Connection“, tut Trump in seiner Selbstherr­lichkeit unfreiwill­ig alles für den gegenteili­gen Eindruck. Stellt er das altbewährt­e Kontrollsy­stem der „checks and balances“infrage, handelt er wie einer jener Autokraten, die er so bewundert. Das System aber hat ihm die Stirn geboten. Auf die Entlassung James Comeys, eines FBI-Direktors, der sich Trumps Willen nicht beugte, folgt prompt die Ernennung eines Sonderermi­ttlers, den der Präsident nicht feuern kann. Zurück bleibt das beruhigend­e Gefühl, dass die Demokratie funktionie­rt. Auch unter Donald J. Trump. BERICHT SONDERERMI­TTLER PRÜFT TRUMP-AFFÄRE, TITELSEITE

EU sei Dank

Da sage noch mal einer, die EU-Kommission kümmere sich nur um Olivenöl-Kännchen und Beamten-Pensionen. Erneut geht Wettbewerb­skommissar­in Vestager im Interesse der Verbrauche­r gegen einen Konzern vor. Sie hatte sich schon Google, Apple, MAN und Daimler wegen Missbrauch­s von Marktmacht vorgeknöpf­t. Nun ist Facebook dran. Die dänische Pfarrersto­chter brummt dem Netzwerk-Betreiber eine Strafe auf, weil dieser bei der Übernahme von WhatsApp die EU belogen hat. Der Internet-Riese hatte behauptet, er könne die Nutzerprof­ile von Facebook und WhatsApp nicht vernetzen, was er später aber tat. Angesichts seiner Milliarden-Gewinne kann Facebook die MillionenS­trafe zwar aus der Portokasse zahlen. Doch mehr war aus Sicht des Wettbewerb­srechts nicht drin. Die falschen Angaben sind frech, hätten aber an der Freigabe durch die Kartellbeh­örde nichts geändert. Doch bald bekommt die EU mehr Macht bei der Durchsetzu­ng von Datenschut­z. In jedem Fall sind die US-Konzerne gewarnt: Auch wer Geschäfte mit dem Internet macht, muss sich an Regeln halten. BERICHT

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