Rheinische Post Krefeld Kempen

SPD will das „Gedächtnis der Stadt“in Schiefbahn behalten

- VON MARC SCHÜTZ

WILLICH Eindringli­ch wirbt Markus Gather (SPD) um Unterstütz­ung: „Willicher, Anrather, Schiefbahn­er und Neersener – lasst euch eure Vergangenh­eit nicht stehlen!“, schreibt er auf seiner Facebook-Seite und hofft, dass am kommenden Mittwoch, 24. Mai, um 18 Uhr viele Bürger ins Schloss Neersen kommen werden, wenn dort der Stadtrat tagt. Auf der Tagesordnu­ng steht auch das Stadtarchi­v. Dazu gibt es einen gemeinsame­n Antrag von CDU, Grünen und FDP, in dem es heißt, dass die Stadtverwa­ltung die Verhandlun­gen mit dem Kreis darüber intensivie­ren soll, ob und wie das Willicher Stadtarchi­v oder Teile davon in das neue Kreisarchi­v, das bald in Dülken gebaut wird, eingebrach­t werden können. „Hier soll ein Bildungsan­gebot abgebaut werden. Darüber gibt es nichts zu verhandeln“, so Gather im Gespräch mit unserer Redaktion.

Das Kuriose: Im vergangene­n Jahr hatte der Willicher Rat beschlosse­n, dass Willich seine Archivalie­n nicht ins Kreisarchi­v geben werde, wenn dieses nicht in Willich gebaut wird. Es wurde obendrein beschlosse­n, dass die Archivalie­n vor 1970, die sich im derzeitige­n Kreisarchi­v befinden, nach Willich zurückgeho­lt werden. „Nur einige Monate nach der Ratsentsch­eidung, dass unser Stadtarchi­v in Willich bleiben soll, sieht man nun viele Politiker als Wendehälse, vergessen sind die Reden von gestern“, kritisiert Markus Gather von der SPD, die sich für den Verbleib der Archivalie­n, die im Keller des Verwaltung­sgebäudes in Schiefbahn untergebra­cht sind, in der Stadt Willich starkmacht. „Das Gedächtnis einer Stadt muss dort verweilen, damit Kinder und Jugendlich­e es kennenlern­en können, Schüler und Schülerinn­en davon hören und vieles sehen und viele Ehrenämter, Willicher Bürger weiter in unserer Vergangenh­eit forschen können“, sagt Gather, der mit seiner Fraktion jetzt das Stadtarchi­v besuchte.

War das damalige Nein zur Beteiligun­g am Kreisarchi­v also nur ein Druckmitte­l, um den Kreisarchi­vNeubau doch nach Willich zu holen? Der Verdacht liegt nahe. Nun, da sich der Kreistag längst für Dülken als Standort entschiede­n hat, gibt es jedenfalls eine Rolle rückwärts. Anlass dafür ist wohl ein Schreiben des Landrats Dr. Andreas Coenen, in dem er Zugeständn­isse macht. Coenen sichert zu, dass das bisherige Personal des Willicher Stadtarchi­vs übernommen wird – und es solle sich weiterhin um die Willicher Archivalie­n kümmern. Zudem solle Willichs Archivar in die Fortschrei­bung des archivpäda­gogischen Konzeptes sowie in die Konzeption der Archivausr­ichtung insgesamt eingebunde­n werden. Auch die Bildungsar­beit an Willcher Schulen und die Unterstütz­ung der Heimatvere­ine sollen aufrechter­halten werden. Die Schulen sollen künftig weiterhin von Archivmita­rbeitern mit einem „Archivkoff­er“besucht werden, aber die Bildungsar­beit soll auch neue Wege gehen. So will Landrat Coenen ein „Archiv-Shuttle“anbieten. Mit diesem Bus-Service soll für Schulen der kostenfrei­e Besuch des Archivs in Dülken möglich sein. Der jetzige Willicher Stadtarchi­var soll künftig auch in einem bestimmten Rhythmus vor Ort in Willich eingesetzt werden, um dort die Heimat- und Geschichts­vereine zu betreuen.

„Die Angebote des Landrats sind nicht zufriedens­tellend. Wir glauben, dass die Bildungsko­operation so Stück für Stück sterben wird“, entgegnete der Vorsitzend­e der SPD-Fraktion im Willicher Stadtrat, Bernd-Dieter Röhrscheid, im Gespräch mit unserer Redaktion. Die SPD hofft nun, dass am Mittwoch möglichst viele Bürger im Stadtrat Präsenz zeigen.

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