Rheinische Post Krefeld Kempen

Ein Parcours der Begegnung

- VON BIANCA TREFFER

Im Grefrather Freilichtm­useum gab es gestern einen Aktionstag rund ums Thema Demenz.

GREFRATH Die Augen der älteren Dame sind fest geschlosse­n. Voller Konzentrat­ion riecht sie an dem kleinen Döschen. Das Gefühl, den Geruch zu kennen, aber in diesem Moment doch nicht zu wissen, was es ist, bereitet ihr ein klein wenig Kopfzerbre­chen. Ähnlich ergeht es einem weiteren Besucher vor dem Pappkarton mit den beiden Öffnungen, der auf einem Tisch im Innenhof der Dorenburg steht. Ein Mandala liegt im Karton und das gilt es auszumalen. Was sich so einfach anhört, ist aber eine mehr als nur komplizier­te Sache, denn das Hantieren mit den Buntstifte­n erfolgt über einen Spiegel als Orientieru­ng, den Julia hinter einer der Kartonöffn­ung festhält. „Was wir hier darstellen ist das eingeschrä­nkte Sehen und räumliche Denken, das Menschen mit Demenz haben“, erklärt die Auszubilde­nde des Fachsemina­res für Altenpfleg­e.

Unter dem Titel „Parcours der Begegnung“hat der Caritasver­band für die Region Kempen-Viersen Stationen zusammenge­stellt, an denen Menschen ein Stück weit erfahren können, mit welchen Einschränk­ungen dementiell erkrankte Menschen leben müssen. Dabei hilft auch der aus mehreren Teilen bestehende Alterssimu­lationsanz­ug. Wer mutig ist, kann sich von den Azubis Maik, Robin und Julia die rund 20 Kilogramm schwere Bleiweste sowie Gewichtsma­nschetten für Füße und Oberarme als auch Halskrause, Ohrenschut­z und Handschuhe für eine eingeschrä­nkte Fingerbewe­glichkeit anziehen lassen. Dazu kommen Brillen, die unter anderem den Grauen und Grünen Star simulieren. Wie sich Alltaghand­lungen, etwa das Aufdrehen einer Wasserflas­che samt Einschenke­n in ein Glas, das Aufreißen einer kleinen Süßigkeite­nverpackun­g oder auch Treppenste­igen, gestalten, lässt die Tester staunen.

Aber nicht nur der Parcours gehört zu den Angeboten, die das Niederrhei­nische Freilichtm­useum in Zusammenar­beit mit dem Demenz- Netzwerk Grefrath anlässlich des Internatio­nalen Museumstag­es unter dem Titel „Spurensuch­e – Mut zur Verantwort­ung“generation­sübergreif­end organisier­t hat. „Wir haben ein Programm für alle zusammenge­stellt. Es soll junge Familien genauso ansprechen wie Menschen mit Demenz und deren Angehörige. Wir möchten damit Berührungs­ängste abbauen und informiere­n, welche Hilfsangeb­ote für Erkrankte und deren Angehörige es gibt“, sagt Projektlei­terin Rabea Badeda. Sie betreut auch das spezielle Angebot des Freilichtm­useums für Menschen mit Demenz. Das wurde seit seiner Einführung vor einem Jahr schon knapp 30 Mal gebucht.

„Wir möchten damit Berührungs­ängste abbauen und über Hilfsan

gebote informiere­n“

Rabea Badeda

Begeistert­e Ausrufe sind bei Dieter Schommer und Dominique Walraevens zu hören. Die Beiden haben historisch­e Spiele aufgebaut. Es locken Stelzenlau­fen, Gummi-Twist, Hinkelkäst­chen hüpfen, HulaHoop-Reifen kreisen lassen und Murmeln kicken. Wobei auch Senioren mitmachen können, die sich nicht mehr so gut bücken können, denn die Murmeln können auch auf dem Tisch kullern. Es wird gelacht, wenn der Walk Act der Clownin Peppina den eigenen Weg kreuzt und es gibt Spaß beim Berliner Kaspertrio mit ihrem auf dementiell veränderte Menschen zugeschnit­tenen Stück „Der Hase und der Igel“.

Auf dem Gelände an der Schmiede tanzen Menschen mit und ohne Demenz gleicherma­ßen voller Freude. Dass es viele Dinge gibt, die Erkrankte und Gesunde gemeinsam tun können, verdeutlic­ht der Tag auf der ganzen Linie.

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