Rheinische Post Krefeld Kempen

Blumen, Pfiffe und „Mange tak“

- VON KARSTEN KELLERMANN

Mo Dahoud und Andreas Christense­n wurden am Samstag vor dem 2:2 der Borussen gegen Darmstadt verabschie­det.

Nun, der Mann des Tages war zum Abschied weder der eine noch der andere, weder Andreas Christense­n noch Mahmoud Dahoud, kurz „Mo“genannt. Thorgan Hazard bekam die auszeichnu­ng zurecht, nicht nur, weil er beim 2:2 gegen den SV Darmstadt 98 das 1:0 erzielte, sondern auch der eindrucksv­ollste Spieler war bei seinem Comeback nach langer Verletzung­spause. Hazard traf erstmals seit dem 1:0-Siegtor in Bremen am 11. Februar.

Christense­n, der Verteidige­r, der nach zweijährig­er Leihe zum FC Chelsea zurückkehr­en wird, war in seinem letzten Spiel als Borusse zumindest der Spieler mit den besten Zweikampfw­erten. Und Mo Dahoud sorgte unfreiwill­ig ebenfalls für einen klangliche­n Peak an diesem Tag – er wurde ausgepfiff­en, als Trainer Dieter Hecking ihn vorzeitig auswechsel­te, eigentlich, um dem künftig für Borussia Dortmund Spielenden einen Abschlussa­pplaus zu gönnen. Das Ansinnen ging daneben. „Er hätte einen anderen Abschied verdient gehabt nach sieben Jahren als Borusse“, sagte Hecking. Auch Manager Max Eberl war gar nicht amused ob des Umgangs der Fans mit der Situation.

Später dann, und auch am Sonntagmor­gen, war Dahoud dann aber wieder versöhnt mit den Fans. Als er den Borussia-Park verließ, tat er das sowohl Samstagabe­nd als auch gestern Morgen erst nach einem Autogramm-Marathon und guten Wünschen für die Zukunft bei der westfälisc­hen Borussia. Für Christense­n hatten einige Fans sogar ein Schild gemalt. „Mange tak“- „Vielen Dank“hatten sie in dänischer Sprache darauf geschriebe­n und der sonst stets zu kühle Nordmann wirkte dann doch ein wenig gerührt. Zuvor hatte er sich auch von seinen Kollegen verabschie­det. „Ich hatte den Jungs Danke gesagt für zwei tolle Jahre, ich habe ihnen gesagt, dass es mir viel

Gestern vor 40 Jahren war Borussia zum letzten Mal Meister. Und vor 42 Jahren holte Borussia zum ersten Mal den Uefa-Cup. Die, so urteilte die Rheinische Post (RP) damals, „stärkste Borussia, die es je gab“siegte im zweiten Final-Spiel (im ersten gab es ein 0:0) bei Twente Enschede 5:1. Das Team des kurz darauf scheidende­n Meistertra­iners Hennes Weisweiler konterte die Niederländ­er in einer „Sternstund­e“mit gnadenlose­r Effektivit­ät aus. Was war das für eine Saison: Zum dritten Mal war Gladbach Meister und zum ersten Mal Gewinner eines internatio­nalen Titels. Man darf wohl sagen: Weisweiler­s Team machte alles richtig, Spaß gemacht hat und eine Ehre war, mit ihnen zu spielen“, sagte Christense­n.

Er geht zurück zum FC Chelsea mit dem Ansinnen, sich dort einen Platz in der ersten Elf zu erkämpfen. „Das ist mein Ziel“, sagte Christense­n. „Ich werde sehen, wie sie Saisonvorb­ereitung läuft. Wenn es nicht so gut aussieht, ist Gladbach natürlich eine Option für mich“, als es darauf ankam. Unter anderem im Uefa-Cup-Halbfinale gegen den 1. FC Köln, zunächst beim 3:1 in der Domstadt und beim 1:0 auf dem Bökelberg. Eine „eindrucksv­olle Synthese aus Zweckmäßig­keit und der Schönheit des Fußballspi­els“(RP) machte das bis heute erfolgreic­hste Jahr der Vereinsges­chichte möglich und Borussia zum „Flaggschif­f des deutschen Fußballs“, wie es in der Vereinschr­onik heißt. Borussia war gemacht für große Taten.

Von Titeln ist das aktuelle Borussen-Team weit entfernt. Das ist auch nicht der Anspruch. Der offizielle Anspruch ist die Einstellig­keit. So gesehen haben die Borussen mit Rang neun das Saisonziel erfüllt. In- sagte Christense­n. Er hat sich in seiner Zeit in Gladbach zum einem der besten Verteidige­r der Bundesliga entwickelt. 68 Prozent seiner Zweikämpfe gewinnt er, mehr als jeder andere seiner Zunft. Zudem kommen 91,5 seiner Pässe beim Adressaten an, da gibt es nur zwei, die das besser machen als Borussia Nummer 3. „Ich habe viel gelernt“, sagte Christense­n. Bevor er dann ins Auto des am unteren Rand. Es hätte auch weit weniger werden können nach den 17 Punkten der Hinrunde. Die 28 Zähler, die der zweite Saisonteil brachte, sind bemerkensw­ert und würden verdoppelt klar Europa bedeuten. Nah dran waren die Borussen, doch die drei Punkte, die sie in der finalen Phase gegen die Abstiegska­ndidaten Augsburg und Wolfsburg sowie den Absteiger Darmstadt einsammelt­en, waren zu wenig. „Über die letzten drei Spiele bin ich enttäuscht. Wenn wir unsere Hausaufgab­en gemacht hätten, wären wir jetzt Sechster“, sagte Trainer Dieter Hecking. Fraglos wurde das „Mehr“vor allem in der ersten Halbserie vergeben, doch mehr Konse- stieg und davon fuhr, herzte er noch seinen Landsmann Jannik Vestergaar­d.

Den jedoch sieht er schon bald wieder – wenn die Dänen im Testspiel am 6. Juni in Kopenhagen das DFB-Team herausford­ern. Dann werden sich der Weiterhin-Borusse Vestergaar­d und der Nun-wiederChel­sea-Mann Christense­n unter anderem wohl mit Gladbachs Kapi- quenz in vielen Situatione­n hätte dazu geführt, das in der Rückrunde Erarbeitet­e nutzen zu können. Dass Chancen Erwartunge­n wecken, versteht sich. Daher gibt es viele arg Enttäuscht­e im Borussen-Universum.

Das Darmstadt-Spiel spiegelte die Saison. Viele Chancen brachten zu wenig Tore, und dann war die Abwehr nicht sattelfest genug, das 2:1 zu verteidige­n. Platz acht wäre besser gewesen als Platz neun, Europatech­nisch nutzlos, aber ein Ausstand mit dem Gefühl des Erfolgs. Auch so etwas ist wichtig, schließlic­h zählt meist der letzte Eindruck.

Der ist nun: Das vielleicht nötige Feuer, um alles, was plötzlich noch tän Lars Stindl beschäftig­en müssen, der dann vielleicht sein Nationalma­nnschafts-Debüt feiert wird. Mo Dahoud wird nicht dabei sein beim Borussen-Treffen, er gehört zum Aufgebot des DFB für die U21Europam­eisterscha­ft in Polen.

Die Frage ist, was nach Christense­n kommt. Ja, es kann auch Christense­n sein, als Rückkehrer. Darauf hoffen die Borussen-Fans, doch müssten sie ihm das eher alles Schlechte wünschen für die ersten Monate seiner Rückkehr zum englischen Meister, beziehungs­weise keinen Erfolg und zu starke Konkurrenz. Allerdings ist die Frage, wie lange Sportdirek­tor Max Eberl war-

Borussia war nicht bereit für große Taten „Ich werde Borussia und das Team vermissen“

Andreas Christense­n ten will mit den endgültige­n Planung der Defensive. Und auch, ob es vielleicht doch auch andere Optionen gibt, die finanziell anders unterwegs sind als die Borussen. Fragen, die sich vielleicht erst im August abschließe­nd beantworte­n lassen.

Borussias Abwehr konnte auch mit Christense­n gegen Darmstadt nicht die beiden Führungen unbeschade­t durchbring­en. Denn die „Lilien“kamen zu zwei sehr leichten Toren, die schlussend­lich den Herren Dahoud und Christense­n sportlich den Abschied verdarben. Denn beiden hätten gern im letzten Gladbach-Spiel einen Sieg mitgenomme­n. „Ich werde Borussia und das Team vermissen“, gestand Christense­n. Christense­n hat die traditione­ll gute dänische Tradition in Gladbach fortgesetz­t. „Komm bald zu uns zurück“, rief ihm ein Fan hinterher. Das dürfte die allgemeine Gefühlslag­e der Borussen beschreibe­n. möglich war, zu erreichen, fehlte. An welchen Stellen das Erreichen des oberen Ausläufers des Saisonziel­s Einstellig­keit, was 2014 (6.), 2015 (3.) und 2016 (4.) dreimal in Serie gelungen war, des Pokal-Endspiels und noch mehr in der Europa League eine Frage fehlender Qualität ist oder mit dem Verletzung­spech zu tun hatte oder mit beidem, muss die Analyse der Saison ergeben – um den Kader dann entspreche­nd nachzubess­ern.

In dieser Saison fehlte nicht immer viel, in der Summe aber zu viel. Die Abschlusst­abelle sagt die letzte Wahrheit: Borussia war in dieser Saison nicht bereit für große Taten.

Karsten Kellermann

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FOTOS: DIETER WIECHMANN, KARSTEN KELLERMANN (2) Foto-Collagen, Blumen und Plakate zum Abschied: Andreas Christense­n und Mo Dahoud mit Borussias Che-Etage (oben) und den Gladbach-Fans.

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