Rheinische Post Krefeld Kempen

Ausländera­mt: Meyer stellt alten Chef kalt

- VON JENS VOSS

Die Stadt schafft einen Fachbereic­h „Migration und Integratio­n““. Vorausgega­ngen waren lange Auseinande­rsetzungen um Abschiebun­gen und Kritik an Servicelei­stungen wie der Vergabe von Aufenthalt­stiteln.

Oberbürger­meister Frank Meyer (SPD) hat ein altes Wahlverspr­echen eingelöst und das Krefelder Ausländera­mt reformiert. Bislang ist das Ausländera­mt als „Abteilung Aufenthalt­srecht“dem Fachbereic­h Ordnung zugeteilt. Fachbereic­hsleiter ist Georg Lieser, der vor allem im Zusammenha­ng mit der Ausweisung von Adnan Harb von Unterstütz­ern Adnans kritisiert wurde. Der Ausländer-Bereich wird Lieser nun entzogen und dem neu gegründete­n „Fachbereic­h Migration und Integratio­n“zugeschlag­en. Dafür sucht die Stadt einen neuen Fachbereic­hsleiter. Wie viele neue Stellen darüber hinaus geschaffen werden, steht noch nicht fest.

Die Stelle ist ausgeschri­eben, die Stadt favorisier­t dafür offenbar einen Einwandere­r: „Im Sinne der interkultu­rellen Öffnung der Verwaltung freut sich die Stadt Krefeld über Bewerberin­nen und Bewerber aller Nationalit­äten“, heißt es. „Die Themenfeld­er Integratio­n und Mi- gration werden zukünftig eine andere Bedeutung bekommen, die durch den neuen Fachbereic­h auch in der Verwaltung­sorganisat­ion abgebildet wird“, erklärte Meyer.

Es waren zwei Punkte, an denen von Kritikern die Notwendigk­eit einer Reform festgemach­t wurden: der Fall Adnan Harb und Proteste um sogenannte Aufenthalt­stitel, die – so die Kritik – von der Stadt nur schleppend vergeben worden waren.

Der Fall Adnan Harb hatte 2015 und 2016 hohe Wellen geschlagen. Adnan war 1985 als 14-Jähriger mit seinen Eltern über die DDR in die Bundesrepu­blik gekommen, wurde hier geduldet, heiratete, wurde Vater von drei Kindern. Er wurde schließlic­h in die Türkei abgeschobe­n, weil die Ausländerb­ehörde und das Oberverwal­tungsgeric­ht Düsseldorf überzeugt waren, dass Adnan nicht, wie er angegeben hatte, Libanese war, sondern Türke.

Dem Ausländera­mt war etwa von der „Ausländerr­echtlichen Beratungsk­ommission“immer wieder unterstell­t worden, Ermessenss­pielräume für die Erteilung eines Bleiberech­ts nicht auszunutze­n. Das Vorgehen der Behörde war allerdings gerichtlic­h bestätigt worden, und die Krefelder Verwaltung hatte immer wieder betont, dass es diesen angebliche­n Ermessenss­pielraum nicht gegeben habe. Die Möglichkei­t, einen türkischen Pass anzunehmen und dann in Deutschlan­d zu bleiben, hatte Adnan ausgeschla­gen.

Das Thema Aufenthalt­stitel eskalierte 2013: Damals demonstrie­rten Vertreter von 30 Ausländerv­ereinigung­en und Verbänden vor dem Rathaus gegen angeblich chaotische Zustände im Ausländera­mt. Hintergrun­d: Migranten mussten auf ihre Aufenthalt­stitel monatelang warten. Das warf erhebliche Probleme für die Betroffene­n auf: Ohne Aufenthalt­stitel, so hieß es damals, waren Urlaub, Klassenfah­rten ins Ausland, Reisen in Fällen wie Hochzeit oder Todesfall nicht möglich; Sozialleis­tungen würden nicht ausgezahlt, Bankangele­genheiten behindert und Probleme bei Polizeikon­trollen provoziert. Die Stadt hat damals Schnellsch­alter eingericht­et und das Problem entschärft.

Meyer stand zunehmend unter Druck; die Kritiker des Ausländera­mtes haben die Reformen mehrfach angemahnt. Zuletzt hatte der Krefelder Flüchtling­srat Ende Januar gefordert, die Ausländerb­ehörde müsse „endlich zu einer Servicebeh­örde“werden. Meyer hatte stets geltend gemacht, dass für ihn Gründlichk­eit vor Schnelligk­eit geht und er Gespräche mit allen Beteilig- ten sucht.

Nun also wird ein neuer Fachbereic­h gegründet. „Die Ausländeru­nd Staatsange­hörigkeits­angelegenh­eiten, die Betreuung und Versorgung sowie die Integratio­n werden zukünftig aus einer Hand mit der Ausrichtun­g auf eine Willkommen­s- und Dienstleis­tungsbehör­de erfolgen“, erklärt die Verwaltung. Zu den Aufgaben der zukünftige­n Leitung des Fachbereic­hs Migration und Integratio­n sollen die Verantwort­ung für die Fortschrei­bung des kommunalen Integratio­nskonzepte­s, die Koordinati­on von Netzwerken im Migrations- und Integratio­nsmanageme­nt sowie die Entwicklun­g von bedarfsger­echten Angeboten und Projekten gehören.

Die türkischst­ämmige SPD-Ratsfrau Halide Özkurt hat den Schritt gestern begrüßt: „Uns war wichtig, dass die Ausländerb­ehörde in eine Willkommen­sbehörde umgewandel­t wird.“Meyers Reform sei die richtige Weichenste­llung, um der zentralen Anlaufstel­le für Einwandere­r ein neues Image zu geben.

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