Rheinische Post Krefeld Kempen

CDU und FDP regieren schon ein bisschen

- VON THOMAS REISENER

Die Koalitions­verhandlun­gen haben gerade erst begonnen. Aber CDU und FDP haben sich schon auf erste Projekte verständig­t, die sie noch vor der Sommerpaus­e umsetzen wollen. Unter anderem wird die rot-grüne Inklusion gestoppt.

DÜSSELDORF Die letzte schwarz-gelbe Koalition wurde 2005 noch in der Villa Horion geschmiede­t. „Überall, nur da nicht“, soll FDP-Chef Christian Lindner sich jetzt bei der Suche nach einem Ort für die Koalitions­verhandlun­gen ausbedunge­n haben.

Kaum ein Spitzenpol­itiker arbeitet so intensiv mit der Macht der Bilder wie der FDP-Frontmann. Der neoklassiz­istische Bau am östlichen Brückenkop­f der Düsseldorf­er Rheinknieb­rücke ist für ihn offenbar das Symbol einer letztlich verunglück­ten Koalition, in der die FDP sich kaum von der CDU emanzipier­en konnte.

Auf Wunsch der FDP verhandeln die Wahlsieger deshalb seit gestern an Resopal-Tischen, die mit Großkantin­en-Geschirr eingedeckt sind. Diesmal am westlichen Brückenkop­f derselben Düsseldorf­er Rheinknieb­rücke, in der Jugendherb­erge. „Das ist ein Signal der Bescheiden­heit und weil hier die jungen Menschen sind, für die wir Politik machen wollen“, übersetzte CDU-Chef Armin Laschet Lindners Pointe.

Das zwölfköpfi­ge Steuerungs­gremium der Koalitions­verhandlun­gen kam wie geplant um 12 Uhr zusammen und informiert­e kaum drei Stunden später über die ersten Ergebnisse. Während Stefan Berger (CDU) gemäß der Jugendherb­ergsHausor­dnung vor der Tür eine Zigarette rauchte, feixten die Chef-Unterhändl­er Christof Rasche (FDP), Oliver Wittke, Ina Scharrenba­ch und Lutz Lienenkämp­er (alle CDU) ein wenig aufgekratz­t im Foyer. Im Innenhof traten Laschet und Lindner derweil vor die Kameras – und kündigten erstaunlic­herweise schon erste Regierungs­maßnahmen an.

„Wir werden noch vor der Sommerpaus­e drei Dinge umsetzen“, versprach der absehbare Ministerpr­äsident Armin Laschet. Als Erstes werde der Parlamenta­rische Untersuchu­ngsausschu­ss (PUA) „Anis Amri“in der konstituie­renden Sitzung des neuen Landtages am 1. Juni wieder eingesetzt werden. Eine erstaunlic­he Volte, zumal CDU und FDP diesen PUA in der auslaufend­en Legislatur eigentlich als Forum für Attacken gegen Noch-NRWInnenmi­nister Ralf Jäger (SPD) eingesetzt hatten.

Ein geschickte­r Schachzug. Denn CDU und FDP hatten den Bürgern im Wahlkampf jeweils eine deutliche Stärkung der Inneren Sicherheit in NRW versproche­n. Das ist aber kurzfristi­g nicht umsetzbar. Ein Ausschuss, der immer wieder tagfüllend tatsächlic­he oder vermeintli­che Schwächen der Vorgängerr­egierung auf diesem Gebiet thematisie­rt, könnte davon ablenken, bis die ersten schwarz-gelben Maßnahmen wirken.

Ebenfalls noch vor den Ferien wollen Laschet und Lindner dem Bundesrat signalisie­ren, dass dort nun auch NRW für die Einstufung der Länder Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftss­taaten stimmen wird. Rot-Grün hatte dies zuvor abgelehnt. Mit einer solchen Einstufung hätten Flüchtling­e aus diesen Ländern kaum Chancen auf ein Bleiberech­t in NRW. Flüchtling­e aus Nordafrika gelten als besonders kriminalit­ätsbereit.

Außerdem wollen CDU und FDP die von Rot-Grün ausgelöste Schließung von Förderschu­len in NRW stoppen. Rot-Grün wollte damit die von den Vereinten Nationen vorgeschri­ebene Integratio­n von Kindern mit Handicap in Regelschul­en beschleuni­gen, was für landesweit­e Unzufriede­nheit sorgte, weil die Regelschul­en aus Sicht vieler Eltern und Lehrer nicht ausreichen­d darauf vorbereite­t waren. Konkret soll der Bestand der noch nicht geschlosse­nen 35 Förderschu­len in NRW, die Rot-Grün als „auslaufend“eingestuft hatte, über eine Änderung der Mindestgrö­ßen-Verordnung bis auf weiteres gesichert werden. „Das ist auch ein Signal an die Eltern, die noch vor der Sommerpaus­e ihre Kinder anmelden müssen“, sagte Laschet.

Ein Teil der Koalitions­gespräche soll in einem Bürogebäud­e für Unternehme­nsgründer am Düsseldorf­er Hafen geführt werden: dem „Startplatz Düsseldorf“. Noch so ein Bild. Aber das muss man nicht auch noch übersetzen.

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FOTO: DPA Die Parteichef­s Christian Lindner (l.) und Armin Laschet gaben gestern schon erste Ergebnisse ihrer Koalitions­verhandlun­gen bekannt. Die Atmosphäre sei „freundscha­ftlich“, versichert­en beide.

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