Rheinische Post Krefeld Kempen

Impfschutz für Masern überprüfen

- VON SASKIA NOTHOFER

Die Zahl der Neuerkrank­ungen mit Masern in Nordrhein-Westfalen ist derzeit hoch. Eine 37-jährige Frau aus Essen ist nun an den Folgen einer Maserninfe­ktion gestorben. Experten raten dringend zu Impfungen.

ESSEN Trotz einer intensivme­dizinische­n Behandlung in der Uniklinik ist eine 37-jährige Essenerin am vergangene­n Wochenende an Masern gestorben. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) handelt es sich um den ersten Masern-Todesfall in Deutschlan­d in diesem Jahr. Eine vorhandene Impfung sei offenbar nicht ausreichen­d gewesen. Die Frau sei nach kurzer Krankheit gestorben, sagte der Leiter des Gesundheit­samtes in Essen, Rainer Kundt. Angaben darüber, welche Komplikati­onen genau zum Tod der Frau geführt haben, konnte er nicht machen.

Laut Susanne Glasmacher, Sprecherin des RKI, habe das MasernViru­s „die unangenehm­e Eigenschaf­t, überall hinzugelan­gen“. So könne es etwa zu Hirnhaut- oder Gehirnhaut­entzündung­en führen, die tödlich enden können. Des Weiteren bestehe die Gefahr einer Blutvergif­tung. Oder das Masernviru­s schwäche das Immunsyste­m derart, dass andere im Körper schlummern­de Erreger ausbrechen und so beispielsw­eise eine Lugenentzü­ndung auslösen.

Die Zahl der neuen Masernfäll­e in Nordrhein-Westfalen ist derzeit hoch. Wöchentlic­h kämen 30 Fälle hinzu, sagte eine Sprecherin des Landeszent­rums für Gesundheit. Bis Ende April erkrankten 2017 demnach 326 Menschen.

Erkrankung­szentrum mit rund 80 Prozent der Fälle ist Duisburg. Dort registrier­te die Stadt in diesem Jahr bis gestern 306 Neuerkrank­ungen (Ende April: 258). In den meisten Fällen seien Kinder und Säuglinge betroffen. Bis die Ausbreitun­g been- det ist, können nach Angaben des Landesgesu­ndheitszen­trums noch Monate vergehen. Laut einer Sprecherin der Stadt gibt es aber auch gute Nachrichte­n: „Die Welle der Ansteckung­en ebbt ab“, sagt sie. Die Ursache für die Vielzahl an Erkrankung­en in Duisburg sieht Rainer Kundt „in dem hohen Anteil an Südosteuro­päern in der Stadt“. Diese ließen ihre Kinder oft nicht impfen, da ihr Krankenver­sicherungs­schutz teilweise ungeklärt sei, sie Angst vor den Behörden hätten.

Doch Experten raten dringend dazu, sich gegen die Krankheit zu impfen, im Zweifel auch einmal zu viel. Denn Masern sind hoch ansteckend, fast jeder Kontakt eines Erkrankten mit einer ungeschütz­ten Person führt zu einer Ansteckung. Babys können ab dem Alter von etwa elf Monaten geimpft werden. Eine zweite Impfung sollte im Alter von 15 und 23 Monaten erfolgen.

Dass die tote Frau aus Essen als Kind einmal geimpft worden ist, entspricht den damaligen Empfeh- lungen der Ständigen Impfkommis­sion (Stiko). Diese empfiehlt seit den 1990er Jahren aber zwei Impfungen. „Viele junge Erwachsene, Jugendlich­e, aber auch Kleinkinde­r, haben bislang trotzdem erst eine Impfung bekommen“, sagt Glasmacher. Allen nach 1970 Geborenen rät die Stiko daher, im Impfpass nachzusehe­n, inwieweit ihr Schutz gegen Masern gewährleis­tet ist. „Hat man den Impfpass verloren, sollte das für niemanden ein Hindernis sein, zum Arzt zu gehen. Dieser kann ohne Probleme einen neuen ausstellen“, so Glasmacher.

Auch außerhalb von NRW breiten sich die Masern derzeit aus. Mehrere Fälle der hoch ansteckend­en Krankheit wurden unter anderem aus Sachsen und Berlin gemeldet, wie aus Datensätze­n des RobertKoch-Instituts hervorgeht. In Hessen mussten nach Fällen an Schulen Lehrer und Schüler ohne Impfnachwe­is zeitweise zu Hause bleiben.

Die Zahlen der bundesweit­en Neuerkrank­ungen schwanken von Jahr zu Jahr stark: 2016 waren es 442 Fälle, im Jahr zuvor 2464 und 2014 lediglich 324. „Dringen die Viren einmal in eine anfällige Gruppe Menschen ein, ist eine Verbreitun­g kaum noch einzudämme­n“, so Glasmacher vom RKI. Gebe es viele Fälle, nehme aber auch die Immunität zu, wodurch die Neuerkrank­ungen wieder zurückging­en. Gebe es dann wieder weniger Fälle, nehme die Immunität ab. „Pro 1000 Erkrankten kommt es in Deutschlan­d im Schnitt zu einem Todesfall“, sagt Glasmacher. So sei die 37-jährige Frau aus Essen in diesem Jahr die erste Tote durch Masern. 2016 starb niemand an dem Virus, 2015 ein Kleinkind in Berlin.

Nicht in diese Statistik einbezogen werden laut Glasmacher aber die Todesfälle durch SSPE – eine chronische Hirnentzün­dung, verursacht durch eine Maserninfe­ktion. Diese trete erst Jahre nach einer Masernerkr­ankung auf, betreffe meist kleine Kinder und ende bisher immer tödlich. „Vier bis elf von 100.000 erkrankten Kindern sterben durch SSPE“, so die RKI-Sprecherin. Erst im November 2016 starb ein sechsjähri­ges Mädchen aus Hessen an SSPE.

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