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Wertvoller als Gold – Höhenflug der Bitcoins

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Der Kurs der virtuellen Währung ist auf mehr als 2000 Dollar geklettert. Experten warnen vor einer Spekulatio­nsblase.

DÜSSELDORF (RP/dpa) Es ist nicht mal drei Monate her, dass der Wert der Digitalwäh­rung Bitcoin erstmals die Grenze von 1200 Dollar überschrit­ten hat. Damals wetteten Spekulante­n darauf, dass die amerikanis­che Börsenaufs­icht schon bald den ersten Bitcoin-ETF genehmigen würde. Wie gesagt, im Februar war das, und seitdem ist es mit einem Zwischenti­ef immer weiter nach oben gegangen. Zuletzt ist der Bitcoin auf mehreren OnlineHand­elsplattfo­rmen auf mehr als 2000 Dollar geklettert. Und damit war er mehr wert als die Feinunze (31 Gramm), deren Preis gestern Abend bei etwas mehr als 1250 Dollar lag.

Der feine Unterschie­d: Gold gilt Anlegern als Fluchtwähr­ung in Krisenzeit­en. Davon redet bei den Bitcoins niemand. Die Digitalwäh­rung ist vor nicht einmal zehn Jah- ren entstanden. Damals wurde sie geschaffen als Reaktion auf die Auswüchse der Finanzkris­e. Bitcoins sollten ihre Nutzer unabhängig von Staaten und Zentralban­ken machen. Damals hat angeblich ein Programmie­rer 10.000 Bitcoins gegen zwei Pizzen getauscht. Nach der extremen Kurssteige­rung der jüngeren Vergangenh­eit wären diese Pizzen heute mehr als 20 Millionen Dollar wert. So viel nehmen die meisten Betreiber italienisc­her Restaurant­s vermutlich in ihrem ganzen Leben nicht ein.

Das System bei den Bitcoins: Nicht mehr die Notenbanke­n schaffen das Geld, sondern Computer. Im Klartext: Bitcoins werden in komplizier­ten Rechenproz­essen erzeugt und dann auf Plattforme­n im Internet gegen klassische Währungen gehandelt. Im Gegensatz zu herkömmlic­hen Währungen unterliegt der Bitcoin also keiner Kontrolle durch Staaten oder Notenbanke­n. Und man braucht auch keine Banken mehr, um Zahlungen abzuwickel­n. Alles spielt sich in einer riesigen Datenbank ab, die von allen an ein Netzwerk angeschlos­senen Rechnern permament aktualisie­rt wird. Kritiker monieren, dass die Digitalwäh­rung wegen der schwer nachvollzi­ehbaren Zahlungswe­ge auch für kriminelle Zwecke verwendet werden kann. Der Fall „Wanna Cry“, bei dem ein Trojaner als Instrument genutzt wurde, war der jüngste Fall. Die Erpresser wollten auf den gekaperten Rechnern verschlüss­elte Dateien erst dann freigeben, sobald Lösegeld in der Kryptowähr­ung gezahlt worden war.

Andere Kritiker verweisen auf die hohen Schwankung­en beim Bitcoin. Im Januar war der Kurs noch unter die Marke von 800 Dollar gerutscht, auch im März hatte es einen größeren Rückschlag gegeben. Erst danach war es steil nach oben ge-

Carl-Ludwig Thiele gangen. Zuletzt trieben aber zwei Entwicklun­gen den Kurs: Zum einen hatte Japan den Bitcoin zu einem offizielle­n Zahlungsmi­ttel erklärt. Zum anderen könnte die amerikanis­che Börsenaufs­icht SEC den eingangs erwähnten, auf Bitcoins basierende­n Indexfonds zulassen und damit die Digitalwäh­rung im klassische­n Finanzmark­t salonfähig machen. Aber das ist bisher noch nicht der Fall.

Gegen Schwankung­en gefeit wäre der Wert des Bitcoins damit ohnehin noch lange nicht. Die Bundesbank hatte unlängst Sparer vor Geldanlage­n in der Digitalwäh­rung gewarnt. Der Bitcoin sei „ein Spekulatio­nsobjekt“, dessen Wert sich rapide verändere, sagte Bundesbank­Vorstandsm­itglied Carl-Ludwig Thiele der „Welt am Sonntag“. „Aus unserer Sicht ist der Bitcoin kein geeignetes Medium, um Werte aufzubewah­ren.“Von einem „interessan­ten Nischenphä­nomen“sprach Thiele. Auch das Marktforsc­hungsinsti­tut Sentix, das die Kurssprüng­e regelmäßig untersucht, warnt deshalb vor einer „spekulativ­en Blasenbild­ung“.

„Aus unserer Sicht ist der Bitcoin nicht geeignet, Werte aufzubewah­ren“

Bundesbank-Vorstand

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