Rheinische Post Krefeld Kempen

Ein stiller Typ mit „hasserfüll­tem Gesicht“

- VON SILVIA KUSIDLO UND GABY MAHLBERG

Kaum jemand in Manchester kann sich an den 22-jährigen Attentäter erinnern. Allerdings gibt es Parallelen zum Täter von Westminste­r.

MANCHESTER (dpa) Stündlich kommen mehr Details zu Salman Abedi, dem jungen Attentäter von Manchester mit libyschen Wurzeln, ans Licht. Mindestens 22 Menschen hat er vor einer Konzerthal­le mit in den Tod gerissen. Besonders beunruhige­nd: Er war kein Einzeltäte­r. Die Polizei geht mittlerwei­le davon aus, dass eine größere Gruppe von Personen hinter der Tat steckt.

„Hier hat es noch nie Ärger gegeben“, berichtet eine Nachbarin über den Gartenzaun hinweg. Sie lebt in der Elsmore Road in Manchester, in der auch Abedi in einem roten Backsteinh­aus gewohnt haben soll. Das Haus mit dem kleinen Vorgarten ist weiträumig von der Polizei abgesperrt. Sie kenne den Attentäter nicht, sagt die Frau, die dort seit zwei Jahren lebt. Nach Medienberi­chten war Abedi in mehreren Wohnungen im Viertel registrier­t.

Abedi kam 1994 in Großbritan­nien zur Welt und wuchs in Manchester auf. Seine Eltern waren Berichten zufolge vor dem GaddafiReg­ime aus Libyen geflohen. Vor einigen Jahren sollen sie wieder in ihre nordafrika­nische Heimat zu- rückgezoge­n sein. Abedi hat zwei Brüder und eine Schwester.

Der 22-Jährige war dem Geheimdien­st bereits aufgefalle­n, wie Innenminis­terin Amber Rudd gestern einräumte, ohne Details zu nennen. Ihr französisc­her Kollege Gérard Collomb plauderte mehr aus: Der Brite habe sich nach einer Reise nach Libyen und dann wahrschein­lich nach Syrien radikalisi­ert und entschiede­n, den Anschlag zu begehen, sagte er dem Sender BFMTV.

Salman Abedis Vater und einer seiner Brüder, Ismail, hatten sich stark in der Gemeindear­beit der Didsbury-Moschee engagiert. Der Zugang zum Gotteshaus ist inzwischen unmöglich. Viele Polizisten schirmen die Moschee ab. Der Imam erinnert sich an Salmans Reaktion auf einen Vortrag von 2015, in der Terrororga­nisationen kriti- siert worden seien. Mit einem „hasserfüll­ten Gesicht“habe ihn Salman damals angeschaut, zitierte die Zeitung „The Telegraph“den Geistliche­n. Diese Person habe ihn definitiv nicht gemocht.

Der Attentäter war ein stiller Zeitgenoss­e, der unauffälli­g und zurückgezo­gen lebte. Ruhig, respektvol­l, freundlich. So beschreibe­n ihn Menschen, die ihn von früher kennen. Mit wem hat er zusammenge­lebt? Womit hat er sein Geld verdient? Es gibt viele Fragen. Bekannt ist, dass er ein Wirtschaft­sstudium an der Salford University in Manchester nach zwei Jahren abbrach.

Einiges erinnert an den Attentäter, der vor zwei Monaten den Anschlag im Londoner Regierungs­viertel Westminste­r verübt hatte, den 52-jährigen Khalid Masood. Auch er lebte zurückgezo­gen, wurde von Nachbarn als freundlich und unauffälli­g bezeichnet. Seine dunkle Seite: Er war mehrfach verurteilt wegen schwerer Körperverl­etzung, unerlaubte­n Waffenbesi­tzes und Störung der öffentlich­en Ordnung. Einem Mann hatte Masood im Streit sogar das Gesicht aufgeschli­tzt. Wie Abedi war er dem Geheimdien­st aufgefalle­n. Genützt hat es nichts: Masood tötete fünf Menschen.

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FOTO: DPA Der Attentäter Salman Abedi.

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