Rheinische Post Krefeld Kempen

Die Geburtsstu­nde des Imperiums

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Vor 40 Jahren feierte der erste Teil von „Star Wars“Premiere – und aus Regisseur George Lucas wurde der reichste Mann Hollywoods.

DÜSSELDORF Es ist ein Gänsehautm­oment, wenn die Kino-Leinwand zu voller Größe aufgezogen wird und kurz nach der Fanfare des Studios 20th Century Fox der blaue Schriftzug aufleuchte­t: „A long time ago in a galaxy far, far away...“(„Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis...“). Ein kurzer Moment der Kontemplat­ion, kein Popcornras­cheln ist zu hören. Ein vollbesetz­ter Saal hält geschlosse­n die Luft an. Dann bricht John Williams Erkennungs­melodie von „Star Wars“(„Krieg der Sterne“) über das Publikum herein, der gelbe Vorspannte­xt läuft durchs Bild, ein gigantisch­es Raumschiff – ein sogenannte­r Sternenzer­störer – jagt hinter einem kleineren Schiff her.

Erstmals erlebten Zuschauer diesen Moment am 25. Mai 1977. Der erste „Star Wars“-Teil „A New Hope“(„Eine neue Hoffnung“) feierte in den USA Premiere. Das Filmstudio selbst hatte nur wenig Hoffnung, was den Erfolg des Science-Fiction-Films anging. Nach einer Testvorfüh­rung, bei der zwei Verwaltung­sräte eingeschla­fen waren, stimmten nur zwei Mitglieder des Gremiums dafür, dass der Film ein Hit werden könnte, die übrigen 14 äußerten sich neutral oder gingen von einem Flop aus. Auch die Kinos hatten wenig Interesse. Und so startete die WeltraumOp­er des 32-jährigen George Lucas mit gerade einmal 32 Kopien.

Doch der Kampf zwischen dem fiesen, hoch technisier­ten Imperium auf der einen Seite und der zahlenmäßi­g unterlegen­en Rebellion unterstütz­t durch wenige verblieben­e Jedi-Ritter auf der anderen traf einen Nerv: „Ich habe niemals zuvor Spezial-Effekte erlebt, die dermaßen realistisc­h waren. Ich war wie geblendet“, erinnerte sich Starregiss­eur Steven Spielberg später an die Premiere. „Ich liebte es.“

Die Zuschauer bescherten dem Film am Startwoche­nende stattliche Einnahmen von 255.000 Dollar. Weitere Kopien wurden geordert. In den ersten 18 Monaten spielte „Star Wars“weltweit mehr als 270 Millionen Dollar ein. Es war bis dato der größte Kinoerfolg aller Zeiten.

Schöpfer George Lucas galt schon länger als Ausnahmeta­lent der Film- branche – wenn auch nicht gerade als einfaches. Er hatte sich als Assistent von Francis Ford Coppola („Der Pate“) einen Namen gemacht. Beide galten als Kritiker der großen Hollywood-Studios, die zwar großzügige Budgets zur Verfügung stellen konnten, zeitgleich den Filmschaff­enden aber ins Handwerk fuschten.

Lucas hatte nach seiner Zeit an der Filmhochsc­hule nur zwei Produktion­en vorzuweise­n: den dystopisch­en Science-Fiction-Film „THX 1138“, der zwar Kritiker, aber nicht das Publikum begeistert­e und ein finanziell­es Desaster wurde. Und die Teenager-Komödie „American Graffiti“, die zur großen Überraschu­ng aller Beteiligte­n mit Produktion­skosten von nicht einmal einer Million Dollar insgesamt 118 Millionen Dollar einbrachte. Lucas war mit 29 Jahren Millionär.

Der kalifornis­che Filmemache­r, der als Junge für Weltraumhe­lden wie Flash Gordon geschwärmt hatte, hatte plötzlich kreative Freiräume. Ihm schwebte schon seit Anfang der 70er Jahre eine Weltraum-Oper vor, die er mit mythischen Elementen aufladen wollte. Entspreche­nde Motive waren ihm während seines Anthropolo­gie-Studiums über den Weg gelaufen.

Problem nur: Die Handlung erschien den Studios viel zu komplex. Einzig Allan Ladd jr. bei 20th Century Fox erkannte das Potenzial und machte sich für das Projekt stark. Doch die ursprüngli­ch geplanten Produktion­skosten von drei Millionen Dollar reichten schnell nicht mehr. Allein die eigens gegründete Spezial-Effekte-Schmiede Industrial Light & Magic (ILM) verschlang pro Woche 25.000 Dollar für die Entwicklun­g aufwendige­r Technik – ohne dabei eine einzige vorzeigbar­e Szene zu liefern. Die Dreharbeit­en in der tunesische­n Wüste wurden zum Albtraum: Stürme, sintflutar­tiger Regen – der erste in mehr als 50 Jahren –, zerstörte Kulissen, es gab Probleme mit den örtlichen Behörden, der Zeitplan war nicht mehr einzuhalte­n. Die Verantwort­lichen im Studio wurden unruhig.

An dieser Stelle ließ sich Lucas, der sein persönlich­es Vermögen in seine Vision investiert hatte, auf den Deal seines Lebens ein: Er verzichtet­e in weiten Teilen auf ein Honorar als Regisseur und sicherte sich im Gegenzug die Fortsetzun­gs-, Fernseh- und Merchandis­ing-Rechte. Vor allem Letzteres war zur damaligen Zeit ein völlig unbeachtet­es Gebiet. Die Studios waren einzig an den Ticketeinn­ahmen interessie­rt.

Zwar machte sich auch für sie der überrasche­nde „Star Wars“-Erfolg bezahlt: Der Aktienwert von Fox verdoppelt­e sich in nur drei Wochen nach dem Start. Doch den großen Reibach machte Lucas: Der Verkauf von Action-Figuren der Firma Kenner (später Hasbro) brachte nach nur einem Jahr 100 Millionen Dollar. Der „Star Wars“-Schöpfer behielt die Kontrolle und entpuppte sich als gewiefter Geschäftsm­ann: Fortan zierten die Konterfeis seiner Helden Luke Skywalker, Han Solo und Prinzessin Leia Bettwäsche, Becher, Butterbrot­dosen, Kaugummi, Frühstücks­flocken-Verpackung­en und TShirts – hinzu kamen unzählige Comics, Bücher und TV-Produktion­en.

Der erste Teil der Saga wurde zum Grundstein für Lucas’ eigenes Imperium: Bis heute folgten sieben weitere Filme, eine Animations­serie, zahllose Videospiel­e, eine eigene LegoReihe, Fahrgeschä­fte in Disneyland, um nur einige Dinge zu nennen. Während die Filme bis 2015 rund sechs Milliarden Dollar einspielte­n, brachte das Merchandis­ing im gleichen Zeitraum 30 Milliarden Dollar ein.

2012 verkaufte Lucas, dessen Ansehen bei den Fans der ersten Stunde vor allem wegen der kindlichen, überwiegen­d computeran­imierten Episoden I bis III gelitten hatte, seine Produktion­sfirma an den DisneyKonz­ern. Erlös: vier Milliarden Dollar. Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, dass ausgerechn­et das Mitglied der Rebellion gegen das mächtige Hollywood am Ende zu dessen größtem Mogul wurde. Mancher würde in Anlehnung an „Star Wars“sagen, er habe sich verführen lassen – von der dunklen Seite der Macht.

Bei der Testvorfüh­rung von „Star Wars“schliefen zwei Mitarbeite­r des

Filmstudio­s ein.

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