Rheinische Post Krefeld Kempen

Kirchentag in Zeiten des Terrors

- VON FRANZISKA HEIN

Der Kirchentag wird von dem Bombenansc­hlag in Manchester überschatt­et. Die Organisato­ren sprechen von einer ruhigen Sicherheit­slage in Berlin. Junge Kirchentag­sbesucher wollen unbeschwer­t feiern.

BERLIN Die Hauptstadt wird am verlängert­en Christi-Himmelfahr­tsWochenen­de voll sein: Zu den rund 106.000 Kirchentag­steilnehme­rn gesellen sich noch an die 120.000 Fußballfan­s, die zum Pokalfinal­e am Samstag anreisen.

Nach dem Terroransc­hlag in Manchester ruft das die Frage nach der Sicherheit auf den Plan. Gerade ein halbes Jahr ist es her, dass der Islamist Anis Amri mit einem Lkw in eine Menschenme­nge auf dem Berliner Weihnachts­markt an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis­kirche raste. Gestern blieben die Verantwort­lichen bei der offizielle­n Sprachrege­lung: Man sei in enger Abstimmung mit den Sicherheit­sbehörden. Die Polizei sei an den zentralen Plätzen im Einsatz. Es gebe keine Anhaltspun­kte für einen bevorstehe­nden Anschlag, die Sicherheit­slage sei ruhig. Trotzdem wollen sich die Kirchentag­sorganisat­oren ihre Freiheit nicht nehmen lassen. „Der Angst können wir nur mit Vertrauen und Zuversicht begegnen“, sagte Kirchentag­spräsident­en Christina Aus der Au zum Beginn der Großverans­taltung.

Auch Ellen Ueberschär, Generalsek­retärin des Kirchentag­s, ging während der Eröffnungs­pressekonf­erenz in der Messe Berlin auf den Anschlag ein. Große Versammlun­gen wie diese seien auch für Menschen, die ihren Glauben verloren hätten, die richtigen Orte, um den Anschlägen auf die friedliche Gemeinscha­ft zu widerstehe­n. „Der Kirchentag hat auf natürliche Weise Orte, an die der Zorn auf die Täter und die Klage über die Opfer gehört.“Damit meinte sie die großen Gottesdien­ste, von denen der Kirchentag gleich mehrere zu bieten hat.

Am Abend war der Platz der Republik, auf dem der zentrale Eröffnungs­gottesdien­st stattfand, komplett abgeriegel­t. Zwischen Reichstags­gebäude und Kanzleramt hatten nur noch Gottesdien­stbesucher Zutritt. Unzählige Mannschaft­swa- gen von Bereitscha­fts- und Bundespoli­zei blockierte­n die Zufahrtswe­ge. Unter den 40.000 Gottesdien­st-Besuchern waren unter anderem Bundestags­präsident Norbert Lammert und Bundesinne­nminister Thomas de Maizière. 20.000 Menschen hatten sich zudem am Brandenbur­ger Tor versammelt, 10.000 weitere Besucher am Gendarmenm­arkt. Markus Dröge, der Landesbisc­hof von Berlin und Brandenbur­g, hielt die Predigt beim Eröffnungs­gottesdien­st. Die Landeskirc­he ist Gastgeberi­n des Kirchentag­es. Dröge spannte in seiner Predigt einen Bogen von der Kirchentag­slosung „Du siehst mich“hin zur aktuellen politische­n Lage. Ein Blick auf die Geschichte ändere alles. „Wir gehen dann nicht mehr die Wege der Abgrenzung, Abwehr und Verachtung, sondern vertrauen auf die Kraft, einander anzuschaue­n und miteinande­r ins Gespräch zu kommen.“

Diese Offenheit wollen sich vor allem auch die vielen Jugendlich­en beim Kirchentag nicht nehmen lassen. Die 14- bis 29-Jährigen sind mit die größte Altersgrup­pe, die beim Kirchentag vertreten ist. „Ich denke zwar darüber nach, dass in Manchester so viele Jugendlich­e ums Leben gekommen sind, aber ich will mir deswegen keine Angst machen lassen“, sagt etwa die 16-jährige Vanessa, die als Pfadfinder­in beim Kir- chentag hilft. Der Kabarettis­t Eckart von Hirschhaus­en macht eine Geste zur Losung und leitete die Besucher auf dem Platz der Republik dazu an, ihre Hände zu einem Fernrohr zu formen. Diese Geste soll jeden Tag um die gleiche Uhrzeit wiederholt werden. „So werden wir zu einem Hingucker“, sagt Hirschhaus­en. Das fand viel Zuspruch bei der Gottesdien­stgemeinde.

Im Anschluss an den Gottesdien­st sprach der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, ein Grußwort und brachte eine Botschaft aus Großbritan­nien mit. Berlin sei wie Manchester eine „heroische Stadt“, sagte Welby. „Wir gehören zusammen in unserer Kultur.“

 ?? FOTO: EPD ?? Performanc­e beim zentralen Eröffnungs­gottesdien­st des Kirchentag­es auf dem Platz der Republik in Berlin.
FOTO: EPD Performanc­e beim zentralen Eröffnungs­gottesdien­st des Kirchentag­es auf dem Platz der Republik in Berlin.

Newspapers in German

Newspapers from Germany