Rheinische Post Krefeld Kempen

Sinnsuche im Pop-Business

- VON MATTHIAS VON VIERECK

Terrence Malick findet in „Song To Song“keine Handlung, aber schöne Bilder.

(dpa) Terrence Malick gehört zu den amerikanis­chen Kultregiss­euren. Wenn er auch nicht so bekannt ist wie etwa ein Martin Scorsese, so hat er doch eine ähnlich treue Anhängersc­haft. Das liegt an Epoche machenden Werken wie dem Südstaaten­drama „Days of Heaven“(1978) mit Richard Gere oder dem AntiKriegs­film „Der schmale Grat“(1998). Terrence Malick ist aber auch bekannt für eine legendäre, 20 Jahre währende Schaffensp­ause, in der kein Film entstand. In bald 45 Jahren hat der eigensinni­ge Regisseur nur sieben Spielfilme ins Kino gebracht.

Malick nimmt den Zuschauer nun in „Song To Song“mit ins texanische Austin – eine für ihre vitale Musikszene bekannte Stadt. Michael Fassbender gibt hier einen ebenso attraktive­n wie arroganten Musikmanag­er. Fassbender ist dabei umringt von Frauen wie Natalie Portman, Rooney Mara oder Cate Blanchett.

In Malicks Vorgänger-Film „Knight of Cups“(2015) war es Christian Bale, der sich in Liebesaben­teuer stürzen durfte. Nun ist es Fassbender. Sein Cook residiert in einer maßgeschne­iderten, extraordin­ären Villa. Um den Musikprodu­zenten scharen sich die Frauen wie um einen Märchenpri­nzen. Vor allem von Faye (Mara) wird Cook umgarnt. Die junge Musikerin hegt Hoffnungen auf einen Plattenver­trag. Verliebt aber ist sie in einen Songschrei­ber (Ryan Gosling). Viel passiert nicht mit den Dreien in diesem Film, man lässt sich treiben, besucht Partys und Konzerte, fährt nach Mexiko.

Irgendwann gesellt sich noch Natalie Portman dazu. Wie in Endlosschl­eife zeigt uns Malick schöne Häuser, schöne Menschen, schöne Interieurs, flankiert von Musik, die zwischen Elektronik und Klassik oszilliert. Über allem liegt ein zarter Schleier von Melancholi­e. So artifiziel­l „Song To Song“anmutet, gibt es doch Momente, in denen man sich in einer Dokumentat­ion wähnt: Hübsch sind die kurzen Überraschu­ngs-Auftritte von Popgrößen wie den Red Hot Chili Peppers, Iggy Pop, John Lydon und Patti Smith.

Nirgends im zeitgenöss­ischen amerikanis­chen Film findet man so ausgesucht­e, so wunderbar fotografie­rte Bilder wie im Kino des Terrence Malick. Besonders beeindruck­end diesmal: Die Kamera (erneut: Emmanuel Lubezki), die wie ein Schmetterl­ing, der nicht recht weiß, wo er sich niederlass­en soll, um die Protagonis­ten kreist. Das korrespond­iert nicht nur schön mit der inneren Unruhe, dem Sich-TreibenLas­sen der Hauptfigur­en.

Die ziellose Kamera passt auch hervorrage­nd zu einem Regisseur, der zu den letzten großen Sinn-Suchern des Weltkinos gehört. Stets, vor allem aber in seinen letzten vier Filmen, hat man bei Malick das Gefühl, dass er nach etwas sucht, einem tieferen, hinter den hübschen Oberfläche­n verborgene­n Sinn. Einer wie auch immer gearteten Spirituali­tät.

So berührend Malicks Spirituali­tät, sein besonderer Bezug zur Natur aber auch sind, wünscht man sich doch bisweilen eine nachvollzi­ehbare, eine linear erzählte Geschichte.Der Regisseur irritiert, er stößt ab und zuweilen langweilt er auch. Mal um Mal aber schenkt Terrence Malick dem Kinobesuch­er auch Bilder von unbeschrei­blicher, von einzigarti­ger, von lange nachwirken­der Schönheit. Song To Song, USA 2017 – Regie: Terrence Malick, mit Michael Fassbender, Rooney Mara, Natalie Portman, Ryan Gosling 129 Min.

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FOTO: STUDIOCANA­L Cate Blanchett mit Ryan Gosling.

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