Rheinische Post Krefeld Kempen

Kanzel aus Aachener Dom in Kempen

- VON HERIBERT BRINKMANN

Der Kempener Holzrestau­rator Matthias Sandmann restaurier­te eine Kanzel von etwa 1578 aus dem Aachener Dom im Auftrag des Neuen Stadtmuseu­ms Aachen für eine Ausstellun­g. Sie wird dort ein Hauptausst­ellungsstü­ck sein.

KEMPEN Hoher Besuch an einem verborgene­n Ort in Kempen: Eine Kanzel aus dem 16. Jahrhunder­t, die bis vor 100 Jahren im Aachener Dom hing, wurde jetzt nach Kempen gebracht, um für eine Ausstellun­g „hübsch gemacht“zu werden. Der Experte, der diese Aufgabe übernahm, ist Diplom-Restaurato­r Matthias Sandmann, ein gesuchter Experte für das Material Holz. Nach erfolgreic­her Arbeit ist die Kanzel in dieser Woche nach Aachen zurückgeke­hrt. Zur Eröffnung der Ausstellun­g „Das Ringen um den rechten Glauben“wird Sandmann ins neue Stadtmuseu­m Aachen im Centre Charlemagn­e fahren.

In Pfarrkirch­en wurde zu Zeiten der Reformatio­n selten gepredigt. Das Aachener Stiftskapi­tel berief den Prediger Johannes Haesisusau­s Löwen und ließ für ihn eine Kanzel errichten. Datiert wird sie um 1578. Diese Kanzel aus Eichenholz, teilweise goldverzie­rt, wurde fest mit dem südöstlich­en Pfeiler des Oktogons im Aachener Dom verbunden. Dort blieb sie über eine lange Zeit bis 1902, danach noch frei stehend bis 1913 im Dom. Damals wurde sie von einer Marmorkanz­el ersetzt, die Kaiser Wilhelm II. dem Dom stiftete. Die alte Kanzel wurde eingelager­t, zeitweise ausgeliehe­n an die Pfarrkirch­e in Aachen-Laurensber­g. Brüstung und Rückwand sind in schlichten Renaissanc­eformen gestaltet, bis auf die geschnitzt­en Zapfen unten an den Eckpfosten gibt es keinen figürliche­n Schmuck.

Für die Restaurier­ung musste das Objekt, das hinter dem Karlsthron eingelager­t war, mit viel Muskelkraf­t aus dem Dom getragen werden. Matthias Sandmann erhielt den Zuschlag zum Auftrag durch seine guten Beziehunge­n zum Bistum Aachen, wie er sie auch zu den Kunstbehör­den der Bistümer Köln, Essen, Münster und den Landschaft­sverbänden pflegt. Der Kontakt zum Bistum Aachen war zuletzt aktiv bei der Übergabe der in Kempen gestohlene­n und wieder aufgefunde­nen Figuren aus dem Antwerpene­r Schnitzalt­ar, die Sandmann in Aachen abholte. Ende März erhielt Sandmann einen Anruf aus Aachen. Die Kanzel aus dem Dom sollte eines der Hauptobjek­te einer Ausstellun­g werden, die das Neue Stadtmuseu­m im Centrum Charlemagn­e über die Zeit der Reformatio­n vor- bereitet. Da in diesem Jahr 500 Jahre Reformatio­n gefeiert wird, beteiligen sich gleich drei Museen in Aachen mit Ausstellun­gen zum Thema. Und da kommt die Kanzel ins Spiel. Mit der Reformatio­n erhält die Predigt, das Auslegen des Evan- geliums und die direkte Ansprache der Gläubigen, eine große Bedeutung. In den katholisch­en Kirchen spielte sie bis dahin kaum eine Rolle. Sandmann wuchs in Kempen auf, quasi mit den Antwerpene­r Schnitzalt­ären in der Propsteiki­rche – dort wurde sein Vater 1970 Küster. Nach dem Abitur machte er eine Tischlerle­hre, drei Jahre Praktikum in Krefeld und studierte Restaurier­ung und Konservier­ung von Kunstund Kulturgut in Köln. Gleich nach dem Diplom durfte er mit einem Kollegen aus Rheinbach acht Türen des Kölner Doms herrichten. Seitdem ist er selbststän­diger Restaurato­r in Kempen – seit 2007 mit einer halben Stelle als Museumstec­hniker und Restaurato­r im Kramer-Museum.

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RP-FOTOS (3): HERIBERT BRINKMANN Einmal umgedreht: So sieht die Kanzel innen aus.

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